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SCHRIFTENTWICKLUNG

MERKZEICHEN, GEDÄCHTNISSTÜTZEN

Am Beginn der Entwicklungsgeschichte der Schrift stehen die Merkzeichen. Abgeknickte Äste zur Wegbezeichnung oder aufeinandergelegte Steine zum Wiederfinden eines Platzes sind typische Beispiele dafür. Diese Zeichen, die allein dazu dienen, auf gewisse Gegebenheiten aufmerksam zu machen, bestehen meist in einer bewussten Veränderung bestehender Materialien und erscheinen in ihrer höheren Entwicklung als schlichte Kerben an Hölzern oder Knoten in Schnüren. Merkzeichen entspringen nicht dem Bedürfnis, etwas abzubilden, und sind für den nicht Eingeweihten oft nur durch Beobachtung des Zusammenhanges verständlich. Ein Knoten im Taschentuch ist ein typisches Merkzeichen, es hat lediglich die Funktion, uns an etwas zu erinnern.

IDEENZEICHEN, IDEOGRAMME UND PICTOGRAMME

Am Ursprung der Schriften des Altertums stehen die ldeogramme. Es handelt sich dabei um vereinfachte bildliche Darstellungen, die nicht nur Wörter, sondern auch Gedanken und ganze Aussagen festhalten. Sie bedeuten unmittelbar das, was sie darstellen. Bekannt sind die ldeogramme der Indianer, die Briefe, Urkunden und Kalender in Bildform verfassten. Als Siegel und in Familienwappen finden sie auch heute noch Verwendung.
Mit den frühesten Handelsbeziehungen und der Gründung der ersten grösseren Staatsgebilde entstand auch das Bedürfnis nach einer vereinfachten und verbindlich festgelegten Schrift. Einen ersten Schritt dazu bilden die Pictogramme oder Wortbildzeichen. Pictogramme sind aus Ideogrammen abstrahierte, vereinfachte Bilddarstellungen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Bildzeichen der ägyptischen Hieroglyphenschrift. Auch in der chinesischen und japanischen Kalligraphie sind uns zahlreiche solcher Pictogramme bis heute erhalten geblieben. Astrologische Symbole und leicht verständliche Signete, wie z.B. der Totenkopf als Symbol für «Gift», bilden auch heute noch einen aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenkenden Bestand an Pictogrammen.

schriftentwicklung

Abb.1:
Oben:
Verbreitung des phönizischen Alphabetes vom Sinai-Gebiet aus. Wandlung zu den nordischen Runen, zur kyrillischen, arabischen, hebräischen und indischen Schrift.
Unten:
Entwicklung der Bildschrift zur Lautschrift.

ZEITTAFEL ZUR SCHRIFTFENTWICKLUNG

ca. 4000 v.Chr.:
Pictogramme, Rollsiegel in Stein und Metall zur Besitzmarkierung.
ca. 3000 v.Chr.:
Sumerische Pictogramme auf Tontafeln, ägyptische Hieroglyphen in Stein, hieratische Kurrentschrift mit Binsenbürsten auf Papyrus.
ca. 2800 v.Chr.:
Keilschriften in Mesopotamien durch Abrucke von Dreikantgriffeln in feuchten Ton.
ca. 2500 v.Chr.:
Geritzte Namenschilder auf Speerspitzen und Tontafeln im Industal.
ca. 2000 v.Chr.:
Kreta: Linearschriften A und B auf Tontafeln und Metallscheiben.
ca. 1500 v.Chr.:
Ansätze einer Alphabetreihe in Keilschrift in Phönizien (Ugarit)
ca. 1000 v.Chr.:
Byblos in Phönizien: Buchstabenschrift auf dem Sarkophag des Königs Ahiram. Die Grundlage für die aramäische, griechische und lateinische Schrift war somit geschaffen.

LAUTZEICHEN, PHONOGRAMME

Ein weiterer Schritt zur Vereinfachung und Vereinheitlichung bestand darin, für Wörter gleichen Klanges immer dasselbe Zeichen zu verwenden. Auf das Deutsche übertragen bedeutet dies, dass für gleichlautende Wörter unterschiedlicher Bedeutung wie «der Arm» und «arm» oder «der Tau» und «das Tau» dasselbe Wortzeichen verwendet wurde. Das Wortbildzeichen wird somit zum Wortlautzeichen. Da im Ägyptischen zahlreiche Wörter nur aus einem Buchstaben oder einer Silbe bestehen, bildeten sich auch die ersten Lautzeichen. Das ägyptische Bildzeichen für den Mund («r») steht auch als Lautzeichen für den Konsonanten «r» usw. Auf diese Weise und durch Aneinanderreihung mehrerer solcher Symbole konnten auch abstrakte Begriffe und Namen dargestellt werden. So konnte etwa der Namen des ägyptischen Königs Narmer aus den Zeichen für Fisch = nar und Meissel = mer zusammengesetzt werden. Auch die chinesische Schrift besitzt zahlreiche Lautzeichen, deren man sich heute neben den ursprünglichen Pictogrammen bedient, um einen nicht geläufigen, z. B. europäischen Namen zu schreiben.

DEUTZEICHEN, DETERMINATIV

schriftentwicklung_schreibwerkzeuge

Da die sumerischen Keilschriften und ägyptischen Hieroglyphen voll von Wortbild-, Wortlaut- und Silbenzeichen waren, bediente man sich, um die Vieldeutigkeit dieser Zeichen zu klären, zur genauen Bestimmung der jeweiligen Begriffsgattung der Deutzeichen.
In der Folge entwickelte sich unsere Schrift in erster Linie nach den zur Verfügung stehenden Schreibgeräten und Beschreibstoffen, wie die nachfolgende Graphik zu veranschaulichen versucht.

Abb.2:
Schreibwerkzeuge und die entsprechenden Entwicklungsstufen der Schrift im Laufe der Jahrtausende.

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