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BESONDERE ANWENDUNGEN

KALLIGRAPHISCHER ARBEITEN

 

 

STAMMBAUM

Ein klassisches Beispiel kalligraphischer Arbeit ist der Stammbaum.
Die Erforschung der Familiengeschichte, sei es der eigenen oder einer fremden, ist eine zwar zeitaufwendige, jedoch auch eine äusserst interessante Aufgabe.
Bei den Eltern angefangen, begibt man sich langsam, mit besonderem Augenmerk nach links und rechts, den oft im Dunkeln zwischen schweren Buchdeckeln liegenden Vorfahren entgegen.
Alte Familien- oder Namensregister, Adress- oder Wappenbücher im Staatsarchiv liefern erste Angaben über die Mitglieder einer Familie. Oft ist es jedoch unumgänglich, andere Archive, Gemeinde- und Kirchenverwaltungen um allfällige Geburts- und Sterberegisterauszüge anzufragen, bis man schliess-

Abb.62(oder kleines Bild anklicken)
Stammbaum auf Pergament, koloriert und mit Familienwappen versehen.

lich Generation um Generation in die Ursprünge einer Familie eindringt. Zur weiteren Verwertung der Daten ist es ratsam, neben einer Kartei eine Stammbaumskizze anzulegen, auf deren Grundlage dann der Stammbaum ausgearbeitet werden kann. Sind die Daten, Geburts-, Heirats- und Todesdatum jedes Familienmitglieds nach Möglichkeit vorhanden und in die entsprechenden Felder eingetragen, so werden diese so lange umgezeichnet, bis sie zu einem gleichlastigen Baum führen. Es ist dabei grundsätzlich darauf zu achten, dass die Kinder dem Alter entsprechend von links nach rechts eingetragen werden. Ist ein Stammhalter am Ende des Baumes in der Mitte zu plazieren, so sind unterhalb die entsprechenden Anpassungen vorzunehmen.
Anschliessend wird die Skizze auf ein gut radiertes und aufgespanntes Pergament, den für diesen Zweck angemessenen Beschreibstoff, übertragen. Dabei sollte zwischen den Feldern für die einzelnen Familienmitglieder genügend Zwischenraum bleiben und die Felder selbst noch genügend gross sein, um die nötigen Eintragungen anzubringen. Zuerst werden die Felder aufgezeichnet, danach beschrieben.

Abb.63(oder kleines Bild anklicken)
Detail aus dem Stammbaum mit den Zeichen * für geboren, + gestorben und oo geheiratet.

Nachdem das Familienwappen unten aufgezeichnet ist, werden die Äste erst mit Bleistift, dann mit Tinte ausgezogen. Danach können die kleineren Äste und die Blätter angebracht werden, wobei hier auf Symmetrie zu achten ist. Nachdem alles gut getrocknet ist, kann der Baum mit einer lasierenden Sepia ausgemalt und anschliessend schattiert werden. Auch die Blätter werden am besten mit einem Olivgrün ausgemalt und mit einem satten Grün schattiert.
Als letzter Arbeitsgang wird das ganze Blattwerk und der Stamm mit Eigelb übermalt, um an Farbintensität zu gewinnen. Dabei ist zu beachten, dass das Eigelb bei mehrmaligem Überstreichen die darunterliegende Farbe lösen kann. Bei Bedarf können die männlichen Erben diskret mit Muschelgold umrandet werden, damit bei Stammbäumen die Namensträger leichter ersichtlich sind. Das Heimathaus oder die Heimatgemeinde kann als Hintergrund im unteren Teil reizvoll aussehen. Auch eine Legende mit Angaben zu Auftraggeber, Herstellungsjahr und sonstigen Erläuterungen zum Stammbaum können so auf dem Pergament angebracht werden, dass sie die Gesamterscheinung kaum beeinträchtigen.

Abb.64(oder kleines Bild anklicken)
Grundtypen der Darstellung von Verwandschaftsbeziehungen.

WAPPENKUNDE

Wappen werden häufig für Stammbäume, Urkunden und andere historische Dokumen­ te als Illustration verwendet. Ein kurzer Abriss über die Wappenkunde soll daher die wichtigsten Gesetzmässigkeiten aufzeigen, die bei der Ausführung eines Wappens zu berücksichtigen sind.
Unter Heraldik versteht man die Lehre von den Wappen. Wappen wiederum sind nach bestimmten Grundsätzen und Regeln zusam­mengestellte Abzeichen von Personen oder Körperschaften.
Die Heraldik beschäftigt sich einerseits mit der Wappenkunde und anderseits mit der Wappenkunst, mit der wir uns hier in erster Linie befassen möchten.
Wappenbilder wurden von jeher auf den Waffen, inbesondere auf dem Schild und auf dem Helm getragen, zunächst als Waffenauszeichnung, dann als Erkennungszeichen im Felde. Die Begriffsverwandtschaft Wappen/ Waffen finden wir in fast allen Sprachen.
Seit dem hohen Mittelalter waren im christlichen Abendland die Wappen dann als erbliche Abzeichen in den allgemeinen Gebrauch übergegangen.

DER SCHILD

Der Schild mit der darauf angebrachten Figur trägt vor dem Helm und seinem Schmuck den wesentlichen Teil eines vollständigen Wappens.
Der älteste heraldisch gestaltete Schild stammt aus dem Jahre 1152 und war von halber Mannshöhe. Bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts waren die Schilde dreieckig, unten zugespitzt, oben etwas abgerundet und so gewölbt, dass sie den Leib halb umschlossen. Diese Form des Schildes, auch normanni­ scher Schild genannt, wurde wegen seiner Grösse mittels Riemen um die Schulter getragen.
In der Folge bis ins 14. Jahrhundert wurde der Schild etwas kleiner und zu einem fast gleichseitigen Dreieck. Im 15. Jahrhundert wird er an den Seiten gerade und unten abgerundet. Zur selben Zeit kommt der auf der einen Seite etwas ausgebogene Stech- oder Turnierschild in Mode. Im 16. Jahrhundert wandelt sich die Rundung an der unteren Seite zur Spitze. In der folgenden Zeit, von der Renaissance an, fand der Schild keine praktische Verwendung mehr, was alle möglichen willkürlichen Formen zur Folge hatte — oval, rund, ausgeschweift bis hin zur üppigen Verschnörkelung des 18. Jahrhunderts.
Die zweckmässigste Form zur Anbringung eines Wappenbilds ist die unten halbrunde Schildform. Die unten spitze oder oben ausgebogene Dreieckform erlaubt eine ausgefallenere Gestaltung.

Abb.65(oder kleines Bild anklicken)

Als Wappenfarben werden in erster Linie nur reine, ungemischte Farben verwendet:

Rot Mennige, Zinnober

Blau Ultramarin, Kobaltblau

Grün Grünspan, Schweinfurtergrün

Schwarz Russ- oder Rebschwarz

statt Gold Schwefelgelb, Auripigment

statt Silber Bleiweiss

Diese Farben wurden, dem ursprünglichen Zweck entsprechend, in bezug auf ihre Fernwirkung ausgewählt. Bei der Anordnung gilt der Grundsatz, dass Farbe nicht auf Farbe, Metall nicht auf Metall zu stehen kommen darf. Es soll also z. B kein roter Löwe auf blauen oder grünen Grund gemalt werden.

Die allgemein übliche, aber unschöne Methode, Farben mittels Schraffur anzugeben, istnach Möglichkeit zu vermeiden. Farbfelder können diskreter in der Manier der Wappenmaler des späten Mittelalters mittels Farbbezeichnungen durch Buchstaben angegeben werden: R für Rot, B für Blau, Gr für Grün, Sch oder # für Schwarz, G für Gold, S für Silber.

Abb.66(oder kleines Bild anklicken)
Verschiedene in Europa vom 13. bis 16. Jahrhundert gebräuchliche Schildformen. Abb. rechte Seite: Beispiel einer Wappendarstellung aus Jost Ammans Wappen- und Stammbuch, 1589.



DER HELM

Ende des 12. Jahrhunderts taucht neben dem zunächst nackten Schild der Helm auf. Unter heraldischen Helmen versteht man die mit einer Zier, einem Kleinod versehenen Helmformen.
Entsprechend seiner ursprünglichen Ver­ wendung als Kopfschutz der Ritter sind auf dem Helm korrekterweise nur Wappen von Personen und Geschlechtern, nicht solche von Gemeinden und Städten anzubringen.
Zur Darstellung eignen sich in erster Linie den Kopf ganz umschliessende Topfhelme, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass die Formen von Helm und Schild der gleichen Stilrichtung angehören bzw. aus der gleichen Epoche stammen.
Im 12. Jahrhundert wurden zu Turnieren oben flache Topfhelme getragen, die den gan­ zen Kopf umschlossen. Ende 13., anfangs 14. Jahrhundert wurde der Helm so gross, dass er auf den Schultern aufsass, oben wies er eine Wölbung auf. Ende des 14. und im 15. Jahrhundert kamen dann die Stech- und Spangenhelme auf. Die Stechhelme wurden zum Turnier mit der Lanze benutzt, während die Spangenhelme ihren Dienst im Kampf mit stumpfen Schwertern und Kolben taten. Der Topfhelm des 12./13. Jahrhunderts gehört zum grösseren dreieckigen Schild, der Kübelhelm des 13./14. Jahrhunderts zum kleineren. Stechhelm und Spangenhelm des 14./15. Jahr­ hunderts sind dem dreieckigen einseitig gewölbten Schild zugeordnet, zu dem in keinem Fall ein Topf- oder Kübelhelm passt.

Abb.67(oder kleines Bild anklicken)



Der Helm wird bei aufrechtem Schilde vorwärts gekehrt, bei gelegtem Schilde im Profil dargestellt, und zwar nach der Seite gewendet, nach welcher der Schild geneigt ist.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kamen für Form und Stellung der Helme verschiedene Systeme auf, die aber im deutschsprachigen Raum nie besonders Anklang fanden. So waren Spangenhelme den Adeligen vorbehalten und die Stechhelme den Bürgerlichen. Könige in England und Frankreich benutzten reich mit Gold verzierte Helme mit aufgeschlagenem Visier, während der Junker und Neuadelige gewöhnliche Stahlhelme mit herabgelassenem Visier nach rechts gewendet und Bastarde nach links gewendet benutzen durften.

Die Helmkleinode, die Helmzier

Die an oder auf dem Helm angebrachten plastischen heraldischen Figuren bilden als ritterliche Abzeichen, wie der Schild mit seinem Bild einen wesentlichen Bestandteil des erblichen Wappens.
Die Helmzier ist in Farbe und Form meist dem Schild und seinen Figuren angepasst. In der Regel nimmt sie die Hauptfarben des Schildes wieder auf und ist auch in der Gestaltung auf den Schild ausgerichtet. Die wichtigsten dieser selbständigen Zierformen und Attribute sind: Hörner, Flügel, Schirmbretter, Hüte, Federn, Federköcher und Fahnen sowie Menschen und Tiere.

Abb.68(oder kleines Bild anklicken)



Von der Vielzahl der Kleinode und ihren Kombinationsmöglichkeiten seien hier nur zwei besonders verbreitete beschrieben. In älterer Zeit treffen wir Hörner, die sichelförmig nur einmal gekrümmt sind und spitz zulaufen, während sie im 15. Jahrhundert offen nach oben auslaufen.
Flügel als Helmzier erscheinen paarweise, offen oder geschlossen. Ihre Form ist mehr oder weniger naturgetreu, auf älteren Topfhelmen jedoch streng stilisiert dargestellt. Die Flügel sind oft mit den Farben des Schildes bemalt oder mit deren Emblem verziert.

Abb.69(oder kleines Bild anklicken)
Die Helmdecken



Ursprünglich dienten die Helmdecken, die zuerst im 13. Jahrhundert erschienen, nur dazu, die Hitze der auf das blanke Eisen brennenden Sonnenstrahlen zu vermindern, wie sie heute noch beim Militär aus gleichem Grund angewendet werden.
Im 14. Jahrhundert erscheint die Helmdecke erstmals als malerisch, symmetrisch in Falten gelegtes Mäntelchen, das sich langsam zu einer grossen, mit Einschnitten verzierten Decke entwickelte. In der Regel ist die Aussen- und die Innenseite, die das Futter bildet, von verschiedener Farbgebung. Gewöhnlich ist das Metall innen und die Farbe aussen. Wenn die Schildfigur eine Naturfarbe auf­ weist, die sich in der Decke nicht darstellen lässt, bedient man sich der ihr am nächsten verwandten heraldischen Farbe.

Abb.70(oder kleines Bild anklicken)



Die meisten Wappendarstellungen der heutigen Zeit werden aus Mangel an Stilgefühl und historischen Kenntnissen den Grundregeln der Heraldik nicht gerecht. Mittelalterliche Wappenbücher in Museen und Bibliotheken, alte Wappenscheiben und Wa­fen bilden das beste Anschauungsmaterial für eine heraldisch korrekte Darstellung. Auch die genealogischen Gesellschaften geben zur Anfertigung von Familienwappen in kompetenter Weise Auskunft.

MARMORPAPIERE

Abb.71(oder kleines Bild anklicken)



Marmoriertes Papier eröffnet uns in Verbindung mit kalligraphischen Arbeiten viele Möglichkeiten, das Geschriebene auf besondere Weise zu verpacken und zusätzlich zur Geltung zu bringen, sei es einfach nur als Deckumschlag für ein handgeschriebenes Gedichtbändlein oder als Überzug einer Kartonröhre zum Schutz einer Pergamenturkunde. Mit Marmorpapier lassen sich unzählige nützliche Dinge schön und in der Farbgebung subtil auf den Inhalt abgestimmt überziehen. Ein selbstgefertigtes Marmorpapier ist abgesehen vom Erlebnis der Herstellung allemal etwas Schönes, und kann zusätzlich auf Flächen, die beim Marmorieren eigens zu diesem Zweck ausgespart wurden, reizvoll beschrieben werden.
Unter den Dutzenden von Marmoriertech­niken scheint mir die folgende die einfachste und erfolgreichste:

  • 250 g ungereinigtes Carraghmoos
  • 10 ml Formalin
  • Plakatfarben
  • 10 ml Ochsengalle
  • 100 g Alaun
  • 91 kochendes Wasser
  • 21 Wasser
  • diverse leere Gläser oder Becher sowie Pinsel
  • eine möglichst grosse Fotowanne, etwas grösser als das gewünschte Papierformat
  • Papier, am schönsten beschreibbares Rundsiebbüttenpapier von einer Stärke von ungefähr 120 g/m2
  • ein nicht zu eng gezähnter Kamm bzw. eine handlich der Papierbreite angepasste Holzleiste, die in gleichmässigen Abständen mit Nägeln durchschlagen wird.

    Zunächst werden 81 Wasser gekocht, 200 bis 250 g ungereinigtes Carraghmoos zugegeben und 3mal aufwallen gelassen. Dann wird die Masse mit 21 kaltem Wasser abgeschreckt, umgerührt und anschliessend stehen gelassen. Je länger das Moos quillt, desto dicker wird die Masse, der sogenannte Grund. Zu dicker Grund kann mit warmem Wasser verdünnt werden, zu dünner ist hingegen unbrauchbar. Nach dem Abseihen wird das Ganze 2-3 Tage stehen gelassen. Um das Sauerwerden nach ca. 8 Tagen zu verhindern, gibt man zur Konservierung ein paar Tropfen Formalin zu. Der Grund sollte beim Arbeiten immer gut durchgemischt werden, ohne die sich am Boden absetzende Farbe aufzuwühlen.

Die Plakatfarben werden in gewünschter Dicke mit Wasser angemacht, wobei zu beachten ist, dass dicke Farben die Effekte verstärken, zu dicke jedoch zu Boden sinken. Mit ein paar Tropfen Ochsengalle, in die Farbe gemischt oder nachträglich aufgetropft, kann eine schöne Verteilung auf der Oberfläche erzielt werden und die Farbe wird transparenter. Nach dem Verteilen der verschiedenen Farben können mit dem Pinsel oder dem Kamm nach Belieben Muster in die Oberfläche des Grundes gezogen werden. Ein sparsames Umgehen mit der Farbenwahl ermöglicht gleichmässigere Marmorpapiere.
Das Papier wird vor Gebrauch in ein warmes Alaunbad aus 80 g Alaun und 11 warmem Wasser getaucht und anschliessend getrocknet und gepresst. Alaun fixiert später die Farbe auf dem Papier. Das trockene Papier, das nicht wellig sein sollte, wird sorgfältig von links nach rechts auf die «bemalte» Oberfläche des Grundes abgerollt, ohne dass unvorhergese­ hen Luftblasen entstehen. Solche Luftblasen können jedoch auch ganz gezielt hergestellt werden, um einen reizvollen Hintergrund für die Niederschrift eines Textes zu erhalten. Dazu müssen sie eine gewisse Grösse haben und in ihrer Fläche sauber sein. Ein vorsichti­ ges Abrollen des Blattes auf dem Grund er­ möglicht eine unverschmierte Zeichnung. Unter fliessendem Wasser wird danach der Rest des Grundes abgespült. Wenn der Grund nicht immer wieder mit den Händen durch­ mischt wird und nicht gleichmässig dick ist, treibt die Farbe unterschiedlich und kann ein gleichmässiges Muster stören.
Der Grund sollte auch immer auf gleicher Zimmertemperatur gehalten werden und muss gelegentlich neu angesetzt werden.

SIEGEL

Siegelabdrücke bestanden ursprünglich mei­ stens aus Bienenwachs unter Beigabe von Farbpigmenten, die der Zeichnung des Siegelstockes (Petschaft) einen besseren Aus­ druck verliehen. Bis ins 12. Jh. wurden die Siegel auf die jeweilige Urkunde aufgedrückt und später mit Hilfe von Schnüren oder Per­ gamentstreifen an die Urkunde gehängt. Zum Schutz der Siegelabdrücke wurden diese oft in Holz oder Metallkapseln eingeschlossen. Seit etwa 1560 wurde auch Siegellack verwendet. Der gewöhnliche, rote Siegellack be­ stand meistens aus Schellack, Venetianer Terpentin und Zinnober. Um ein zu schnelles Tropfen beim Erwärmen zu verhindern, wurde Kreide, Magnesia oder gebrannter Gips zugegeben. Anstelle von Zinnober wurde oft Smalte, Ultramarin, Ocker, Mennige, Bolus oder Grünspan als Farbstoff verwendet.

Abb.72(oder kleines Bild anklicken)



Ein guter Siegellack soll beim Erhitzen über der Kerze oder der Gasflamme schmelzen, darf aber nicht so dünnflüssig werden, dass er tropft. Siegellack soll auch nicht brennen, wenn er erwärmt wird. Diese Eigenschaften erlangt man durch eine Harzmischung mit mehr oder weniger grossem Zusatz von Schellack. Das Farbpulver sollte von der allerfeinsten Qualität sein, um eine optimale Verteilung in der Harzmasse zu gewährleisten.
In einem möglichst nicht metallenen Gefäss, welches in einem Sandbad liegt, wird der Schellack geschmolzen. Die Verwendung einer mit Sand gefüllten Pfanne auf der Herdplatte, noch besser über der Gasflamme, ermöglicht ein dosiertes Erwärmen des Schellacks. Dabei sollte die Temperatur so gehalten werden, dass sie gerade zum Verschmelzen der Harze reicht. Nachdem der Schellack ge­ schmolzen ist, wird das Terpentin zugefügt und die Mischung unter Beigabe der anderen Harze gleichmässig verrührt. Die vorher fein­ geriebene Farbe wird erwärmt und durch ein Sieb so der Mischung beigegeben, dass sich keine Klumpen bilden. Schliesslich wird das Ganze vorsichtig vom Feuer genommen und unter gutem Umrühren das Terpentinöl und allfällige Duftöle beigegeben.
Soll der Siegellack für den Verkauf herge­ stellt werden, verwendet man Giessformen aus Messing oder erstklassig verchromtem Stahl, die mit etwas Vaselinöl eingerieben werden, bevor die flüssige Masse eingegossen und rasch abgekühlt wird. Nach dem Erkalten nimmt man die Stangen aus der Form und gibt ihnen durch leichtes Anschmelzen der Oberfläche mit einem Heissluftfön einen op­ timalen Glanz. In diesem halbweichen Zustand können auch allfällige Stempel und Verzierungen eingedrückt werden.
Für den eigenen Gebrauch kann die etwas erkaltete Siegelmasse von Hand auf einer Marmor- oder Glasplatte zu Stangen ausgerollt werden.

ROTER SIEGELLACK

 

Qualität (in Teilen pro 1000) Feinst und Fein

Mittelfein

Schellack

350.0

240.0

160.0

Zinnober

260.0

180.0

125.0

Lärchenterpentin

240.0

280.0

225.0

Magnesiumoxyd

60.0

 

 

Kreide

 

60.0

125.0

Gips

 

60.0

20.0

Terpentinöl

90.0

20.0

25.0

Kolophonium

 

160.0

320.0

 

1000.0

1000.0

1000.0

Um blauen, schwarzen oder grünen Siegellack zu erhalten, verwendet man die entsprechenden Farbstoffe Ultramarinblau, Lampenruss oder Zinkgrün anstelle des Zinnoberrots.

Goldflitter im Siegellack erhält man durch Verwendung von Bronzepulver oder in vergälltem Spiritus fein eingerührtem Blattsilber oder Blattgold.

Abb.73(oder kleines Bild anklicken)



FLASCHENLACK

In einem tönernen Schmelzgefäss wird 300 g gelbes Harz, 50 g Ceresin, 350 g Kolophonium und 50 g Japanwachs vorsichtig geschmolzen und 250 g gut getrocknete Farbe nach und nach eingesiebt. Zuletzt wird 25 g vergällter Spiritus beigemischt. Vorsicht! Die Beigabe von Spiritus bewirkt eine starke Blasenbildung, weshalb das Schmelzgefäss nicht zu klein sein sollte.
Unter gleichbleibender Temperatur werden nun die zu versiegelnden Flaschen, nachdem sie getrocknet sind, in den Lack getaucht und abtropfen gelassen. Im noch nicht erkalteten Zustand können noch Siegelabdrücke angebracht werden.

Siegeln von Flaschen mit Kordeln: Die nicht zu dick gewählte Kordel muss vor dem Sie­ geln am Flaschenkopf angebracht werden. Entweder wird sie durch entsprechende Verknotung festgebunden oder am Korken angeleimt und dann mit Lack überzogen.

Siegeln von Flaschen mit Banderolen: Das nicht allzu breite, auch mehrfarbige Seidenband wird am besten am Korken angesiegelt und festgeklebt.

Abb.74(oder kleines Bild anklicken)



GESCHÄFTSBEDINGUNGEN EINES KALLIGRAPHEN

Bei Verwendung kalligraphischer Arbeiten für ein breiteres Publikum kann eine Reihe von Fragen auftreten. Die folgenden Angaben sollen dazu einige allgemeine Hinweise und Anregungen geben.

DIE GRUNDLAGEN

  • Das Qualitätsprinzip erfordert die Ge­ währ qualitativ hochwertiger Leistungen.
  • Jede Auftragserteilung gilt als Vertrag im Sinne eines Werkvertrages nach allgemeingültigem Recht.

VORARBEITEN

  • Eine erste Besprechung beim Kalligra­phen ist unverbindlich und kostenlos. Findet diese Besprechung ausserhalb dieses Rahmens statt, so ist sie entsprechend dem Zeitaufwand und den Reisekosten mit einem Taggeld zu entschädigen.
  • Eine umfassende Orientierung des Kal­ ligraphen durch den Auftraggeber über Ziel und Zweck der Arbeit ist unerlässlich und soll die beabsichtigte Nutzung von vornherein beinhalten.
  • Wettbewerb: Werden vom Auftraggeber für die gleiche Arbeit noch von anderen Kalligraphen Entwürfe verlangt, muss dies bekanntgegeben werden.
  • Bei grösseren Arbeiten sollte unbedingt vor Arbeitsbeginn ein genauer, verbindlicher Kostenvoranschlag für alle Leistungen erstellt werden. Der Voranschlag ist als Schätzung zu betrachten. Eine während der Ausführung der Arbeiten entstehende allfällige Überschreitung sollte dem Auftraggeber mitgeteilt werden.
  • Die klare schriftliche Festlegung von Auftrag, Zweckbestimmung und Honorie­ rung bildet den wesentlichen Bestandteil jeder Auftragsbestätigung.

AUSFÜHRUNG

  • Angenommene und abgelehnte Ent­ würfe bleiben mit allen Rechten urheber­ rechtliches Eigentum des Kalligraphen und sind ihm auf besonderen Wunsch zurückzugeben.
  • Jeder Entwurf, auch der abgelehnte, ist eine schöpferische Arbeit und ist auf alle Fälle mit einem Drittel bis zur Hälfte des Ausfüh­rungshonorares zu entschädigen. Bei späterer Verwendung wird das bereits bezahlte Entwurfshonorar in Anrechnung gebracht.
  • Die vom Auftraggeber gewünschten Entwurfsvarianten und Überarbeitungen sind gesondert zu honorieren.
  • Der vom Auftraggeber angenommene Entwurf bildet die Grundlage zur Erstellung einer Reinzeichnung als reproduktionsfähige Vorlage. Nachträgliche Änderungen sind gesondert zu honorieren.
  • Trägt der Kalligraph dem Auftraggeber gegenüber für eine einwandfreie drucktechnische Wiedergabe seines Werkes die Verantwortung, so muss er zur Überwachung des Andruckes beigezogen werden, was gemäss Zeitaufwand in Rechnung gestellt wird.
  • Das «Gut zum Druck» wird in jedem Fall vom Auftraggeber erteilt.
  • Entwürfe dürfen weder verändert noch nachgeahmt werden. Die Ausführung und Reinzeichnung darf nur vom Urheber hergestellt werden, sofern nichts anderes vereinbart wurde.


URHEBERRECHT

  • Ausschliessliche Verfügung: Der Kalligraph besitzt über alle Entwürfe und Rein­ zeichnungen die ausschliessliche Verfügung im Sinne des Urheberrechtgesetzes betreffend Literatur und Kunst. Das Sachbesitzrecht kann durch Kauf erworben werden.
  • Der Auftraggeber besitzt das Miturheberrecht am Werk nur dann, wenn er nachgewiesenermassen an der konkreten Gestaltung des Werkes mitgearbeitet hat. Die Vermittlung von Ideen und allgemein gehaltenen Änderungen sind selbstverständliche Voraussetzungen und genügen nicht zur Begründung eines Miturheberrechtes. Die Mitarbeit des Auftraggebers berechtigt nicht zum Besitz der Arbeit.
  • Der Kalligraph ist berechtigt, sich als Schöpfer des von ihm geschaffenen Werkes zu bezeichnen und aufgrund einer vorhergehenden Vereinbarung auch zu signieren.
  • Wenn keine zeitliche Begrenzung festgelegt wurde, ist ein Werk unbeschränkt verwendbar.
  • Änderungen des Werkes dürfen nur vom Urheber persönlich oder mit dessen Zustimmung vorgenommen werden. Bei schwerwiegenden Fällen kann der Urheber sein Recht geltend machen. Ein in dieser Hinsicht im voraus erklärter Verzicht ist nichtig.

ABTRETUNG DES NUTZUNGSRECHTES

  • Es ist grundsätzlich Sache des Auftrag­ gebers, den Umfang der Nutzungsrechte nachzuweisen. Nicht nachgewiesene Nutzungsrechte bleiben beim Urheber.
  • Der bei jedem Werk angegebene Nutzungsbereich gilt als Berechnungsgrundlage, eine weitere Nutzung ist nur mit Zustim­mung des Urhebers zulässig und gesondert zu entschädigen.
  • Hat der Auftraggeber den vereinbarten oder üblichen Nutzungsbereich unerlaubterweise überschritten, so wird er ersatzpflichtig, und dem Urheber bleiben alle weiteren Rechte vorbehalten.

    Abb.75(oder kleines Bild anklicken)



 

 

 

 


 

 




 

 

 


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