Ein besonderes Gebiet der Farbenkunde sind die Pigmente der Buchmalerei, wie sie Theophilius Presbyter im Malerbuch des Berges Athos aus dem 11. Jh. beschreibt. Bei der Beschäftigung mit der Buchmalerei geht von dieser oft recht geheimnisvollen und abenteuerlichen Farbenkunde ein besonderer Reiz aus, der uns zu einem tieferen Verständnis dieser Kunst führen kann.
Da diese Farben zum Teil sehr giftig sind und beim Mischen untereinander oft heftige chemische Reaktionen ablaufen können, wurden sie meistens rein, in gewissem Abstand zueinander verwendet.
Bleiweiss verträgt sich schlecht mit Zinnober, Ultramarin und Azurit.
Zinnober verträgt sich schlecht mit Bleigelb und Bleiweiss.
Ultramarin ist säureempfindlich und unverträglich mit Bleifarben.
Azurit ist unverträglich mit Bleifarben und kann mit Schwefelfarben schwärzen.
Auripigment verträgt sich schlecht mit Bleifarben.
Grünspangrün kann durch den Essigzusatz zum Zerfressen des Malgrundes führen.
Es ist kein Leichtes, die erwähnten Rohstoffe für die traditionelle Buchmalerei, wie sie in ältesten Quellen beschrieben ist, zu beschaffen. Ein Gang zum Apotheker und zum Drogisten erfüllt oft schon einen Teil der Wünsche.
Etliches kann auch bei Steinsammlern, Mineralogen oder Goldschmieden zusammengetragen werden oder ist in Farbenhandlungen als Pulverfarben erhältlich (siehe Übersicht über die Pigmente Seite 85-90).
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Abb.62(oder kleines Bild anklicken)
Der Taufzettel, der ursprünglich aus dem Emmental stammt, wird wie auf der Zeichnung gefaltet. Im mittleren, leeren Textfeld können Namen und Anlass eingetragen werden, während in den vier äusseren Feldern ein entsprechender Spruch Platz findet. Als Patengeschenk wird nach alter Tradition ein Golddukaten in die Mitte gelegt.
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Taufzettel mit Textbeispiel in den vier äusseren Feldern. Beim Herauskopieren zur eigenen Verwendung sind diese abzudecken.
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ÜBERSICHT ÜBER DIE PIGMENTE
Permanentweiss, Barytweiss, Schwerspat
Dieses lasierende, natürliche Mineralpigment reflektiert als Pulver alles auftreffende Licht 100 Voig und verliert nur durch das verwendete Bindemittel von dieser Wirkung. Schwerspat ist mit allen Bindemitteln verwendbar und lässt sich gut benetzen.
Bleiweiss, Kremserweiss, Deckweiss
Deckendes Weisspigment, dessen natürliches Vorkommen sehr selten ist — es kommt u.a. noch in Krems an der Donau, nördlich Wiens vor — wird heute nach verschiedenen Methoden durch die Einwirkung von Essigdämpfen und Kohlensäure auf metallisches Blei erzeugt. Dieses Weiss lässt sich mit Eikläre binden und verfügt über ein aussergewöhnliches Deckvermögen. Vorsicht: Bleiweiss ist giftig! Das Einatmen von Staub oder die Einnahme durch den Mund kann zu akuten Bleivergif tungen mit schmerzhaften Bleikoliken führen.
Im Lucca-Manuskript aus dem 8. Jh. wird ein nützliches Topfverfahren zur Herstellung von kleineren Mengen Bleiweiss beschrieben: Ein leicht konischer, etwa 30 cm hoher, innen nur bis zur Hälfte glasierter Tontopf mit einem oberen Durchmesser von etwa 20 cm wird bis zur Glasurgrenze mit Weinessig gefüllt. Darüber werden zu Spiralen geformte Bleistreifen gehängt und etwa 6 Monate zugedeckt in einer mit Pferdemist und Obstresten gefüllten Grube gelagert. Nachdem alles metallene Blei zu basisch kohlensaurem Blei zerfallen ist, werden die nun weissen Spiralen zur Beseitigung aller Säurerückstände gewaschen, trocknen gelassen und anschliessend gepulvert.
Gelber Ocker, Goldocker
Dieses natürliche Erdpigment, meist französi scher Herkunft, wird vorwiegend im Tagbau als goldgelbe, harte Erde oder Gestein geschlämmt und gemahlen. Dieses Witterungsprodukt aus eisenhaltigem Gestein lässt sich mit allen Bindemitteln binden und gehört zu den ältesten Farbmitteln der Menschheit.
Terra di Siena
Dieses natürliche ockerähnliche Erdpigment ist in der südlichen Umgebung von Siena am Monte Amiata noch in kleineren Mengen zu finden, stammt heute aber meist aus Korsika und Sardinien.
Auripigment, Realgar, Opperment, Rauschrot
Dieses natürliche Mineralpigment aus Schwefelarsen kann mit Kirschgummi oder Eikläre gebunden werden; wegen seines Arsengehaltes ist es sehr giftig! Die heute meist aus Arizona stammenden Stücke werden feucht in einem Mörser gepulvert und am besten rasch gebunden, um eine Berührung mit dem Pigment zu verhindern. Das Einatmen von Staub oder sonstige Einnahme dieses Pigmentes kann tödliche Folgen haben.
Bleiglätte, Massikot, Königsgelb
Dieses gut deckende künstliche Mineralpigment wird durch Erhitzen von Blei auf 500-700 °C als Bleioxyd gewonnen. Bleigelb ist giftig!
Neapelgelb, Antimongelb
Dieses künstliche Mineralpigment wird durch Glühen von Bleioxyd mit Antimonoxyd gewonnen. Es verträgt sich mit allen Pigmenten und Bindemitteln und ist in verschiedenen Farbtönen von hellgelb bis rötlich erhältlich.
Gummigutt, Gambodge
Dieser gering lichtbeständige Pflanzenpigmentfarbstoff enthält von Natur aus Farbund Bindemittel. Schön lasierend wie echtes Indischgelb, eignet er sich zum Vergolden auf Pergament und Papier. Zu diesem Zweck wird die zu vergoldende Fläche mit Gummigutt satt bemalt und trocknen gelassen; darauf kann die Metallfolie nach Anhauchen des Gummigutt, der dadurch aufquillt, aufgelegt werden.
Terra di Siena gebrannt, Gebrannte Siena
Dieses künstlich gebrannte natürliche Erdpigment schlägt beim Brennen in Rotbraun um. Es handelt sich um eine ausgesprochen gute Lasurfarbe, die sich mit allen Bindemitteln binden lässt.
Gebrannter Ocker, Rotocker
Dieses natürliche Erdpigment, meist französischer Herkunft, lässt sich durch Erwärmen oder Glühen in jede gewünschte rotbraune Nuance tönen.
Mennige, Bleimennige, Saturnrot
Dieses künstliche Mineralpigment wird durch Glühen von Bleiweiss gewonnen. Beim Zusammentreffen mit Kadmiumgelb, Zinnober oder Ultramarinblau wird die Mennige durch den Schwefelwasserstoffgehalt dieser Farben geschwärzt. Mennige hat keine Lasierfähigkeit und wird hauptsächlich für feine, deckende Malereien in der Umgebung von Initialen verwendet. Vorsicht: Mennige ist infolge ihres Bleigehaltes giftig!
Zinnober, Bergzinnober, Minium
Als natürliches Mineral wird Zinnober, der entweder in Form hochroter, weicher, erdiger Klümpchen in quarzigem Gestein oder in Form tief karminfarbiger Kristalle vorkommt, in den Almaden in Spanien und in Istrien abgebaut. Zur Verwendung als Farbe wird dieses auffallend schwere Pigment gepulvert. Da es sich bei Zinnober um ein Quecksilbersulfid handelt, ist das spezifische Gewicht sehr hoch. Es lässt sich mit allen Bindemitteln binden und hat ein sehr gutes Deckvermögen.
Karmin
Dieser natürliche organische Farbstoff, heute meist synthetisch hergestellt, wurde früher von den weiblichen Cochenillenläusen (Coc cus cacti) gewonnen, die in Mittelamerika und auf Gran Canaria auf kakteenähnlichen Fackeldisteln gezüchtet wurden.
Den hochwertigsten Farbstoff liefert die schwarze Cochenille, auf deren Körper sich durch das Trocknen ein schwarzgrauer Belag bildet. Karmin hat ein schlechtes Deckvermögen und ist ein typisches Lasurpigment mit auffallend schlechter Lichtbeständigkeit.
Kermes, Scharlach
Dieser natürliche, bereits im Altertum verwendete organische Farbstoff stammt von einer anderen Schildlaussorte, die auf den Eichen Südeuropas beheimatet ist. Aus den Beeren ähnlichen, kugelförmigen Läusen wurde im Mittelalter der Venezianer Scharlach zubereitet. Heute ist dieser Farbstoff kaum mehr zu finden, würde aber gleich der Cochenille verarbeitet.
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Krapplack, Krapp-Purpur, Krapp-Karmin
Dieses natürliche Pigment wird aus gut abgelagerten, gemahlenen Wurzeln der Krapp-Pflanze (Rubia tinctorum oder Rubia peregrine) herausgelöst und mit Gummi gebunden. Krapplack eignet sich vorzüglich zum Lasieren von echtem Zinnober, was den Farbton satter wirken lässt und den Zinnober konserviert.
Umbra natur und gebrannt, Rehbraun
Von dieser natürlich vorkommenden, dem Ocker eng verwandten Erde mit hohem Gehalt an Manganoxyd entstehen durch das Brennen warmbraune Farbtöne. Die grössten Vorkommen dieser Manganerde liegen in Italien, weitere in Deutschland, Holland, Belgien und England; die besten Sorten stammen jedoch aus Zypern. Alle Bindemittel sind brauchbar und die Farbe verfügt über ein gutes Deckvermögen.
Gebrannte grüne Erde, Veroneser Braun
Beim künstlichen Brennen dieses natürlichen Erdpigments wird das grüne Eisenoxydul in ein rotes Eisenoxydul umgewandelt.
Malachit, Berggrün, Kupfergrün, Chrisocolla
Dieses durch mühsames Zerbrechen, Zerstossen und Pulverisieren des Halbedelsteines Malachit gewonnene natürliche, anorganische Pigment, welches schon in der Antike beliebte Verwendung fand, lässt sich in wässerigem Bindemittel gut binden und hat eine auffallend gute Lasierfähigkeit, ist demzufolge also mässig deckend. Das Gestein findet man überall, wo der blaue Azurit vorkommt, in Afrika, Sibirien, Ungarn, der Tschechoslowakei, ja sogar im Schwarzwald.
Grünspan, Kupfergrün, Aerugo, Viride Graecum
Dieses künstliche Mineralpigment, das aus mit Essigsäure oder Weinessig behandelten Kupferspänen gewonnen wird, kann, fein gepulvert, mit allen Bindemitteln verwendet werden. Grünspan hat eine hervorragende Lasierfähigkeit, ist aber giftig.
Lapislazuli, Natürliches Ultramarin, Lasurstein
Dieses natürliche Mineralpigment wird aus möglichst reinen dunkelblauen Lapislazuli- Halbedelsteinen gewonnen, die in der besten Qualität aus den Gruben des Baikalsees in Afghanistan stammen.
Die Steine werden erhitzt, in Essigsäure abgeschreckt und anschliessend feinst gepulvert. Um die blauen Teile von den übrigen Teilen zu lösen, wurde das Pulver gemäss einer alten Rezeptur von Cennino Cennini (1437) mit einem Harzwachsgemisch in warmer Lauge verknetet und so ein in seiner Schönheit bestechendes Farbpigment gewonnen. Da die Zubereitung des natürlichen Ul tramarins, zusätzlich zu den hohen Preisen für die Halbedelsteine, schon immer eine mühsame, zeitaufwendige Arbeit war, wurde schon zu Dürers Zeit das Gramm dieses Pigments zu einem halben Dukaten gehandelt, was selbst über dem Preis für pures Gold lag. Lapislazuli hat eine hervorragende Lasurfähigkeit, ein mässiges Deckvermögen und ist mit allen Bindemitteln verwendbar.
Azurit, Bergblau, Azurblau
Meist im Buntsandstein als Verwitterungsprodukt von Kupfersulfiden vorkommend, findet sich dieses natürliche Mineralpigment oft in Form kleiner Geoden, mit fremden Beimengungen durchsetzt, an den gleichen Fundstellen wie Malachit, aber weitaus spärlicher und ist infolgedessen auch teuer.
In Edelsteinhandlungen wird es als reiner Kristall angeboten. Fein gemahlen lässt er sich gut mit Kirschgummi binden und hat ein befriedigendes Deckvermögen mit geringer Lasierfähigkeit.
Ägyptischblau, Caeruleum
Dieses künstliche Mineralpigment wird aus Sand, Soda, Kalk und Kupferoxyd zu einer Glasfritte geschmolzen und je nach Bedarf zerkleinert. Dieses Pigment verfügt über eine mässige Deckfähigkeit, ist aber ausgezeichnet lasurfähig.
Smalte, Zaffer, Köngisblau
Dieses künstliche Mineralpigment, das durch die Verschmelzung der Zaffer, einem Röstprodukt aus Speis- und Glanzkobalt, mit Quarz und Pottasche gewonnen wird, entspricht in seiner Form eigentlich einem im Wasser abgeschreckten und zerborstenen Kobaltglas. Smalte ist mit allen Bindemitteln verwendbar und hat eine gute Lasierfähigkeit. Smalte oder das gröbere «Streuglas» bekommt man heute fast ausschliesslich in Keramikfachgeschäften.
Indigo, Thioindigo, Stahlblau
Der älteste und früher wichtigste organische Farbstoff Indigo, ein natürliches Pigment pflanzlicher Herkunft, wird durch Einweichen der Blätter der Indigopflanze (Indigofera tinctoria, Färberwaid oder chinesischer Färberknöterich) gewonnen. Durch Gären unter Luftzufuhr oxydiert das Ganze zu Indigoblau, welches ausgewaschen, gekocht und getrocknet ein intensiv färbendes Pigment ergibt. Indigo ist nicht alkalifest und es bedarf einer gewissen Vorsicht bei der Auswahl der Bindemittel, da sich sonst seine Farbe bis ins Orange verändern kann. Im weiteren verfügt Indigo über ein gutes Deckvermögen und ist mässig lasierbar.
Elfenbeinschwarz, Tiefschwarz
Dieses natürliche Pigment tierischer Herkunft wird durch Verkohlen von Elfenbeinabfällen unter Luftabschluss gewonnen.
Die Elfenbeinabfälle werden möglichst ohne Luftzwischenraum in Metallgefässen luftdicht verschlossen und so lange gebrannt, bis reiner Kohlenstoff entsteht. Nicht durchgebrannte oder unter zuviel Luftzufuhr gebrannte Pigmente werden braunstichig. Elfenbeinschwarz ist in seiner besten Qualität samtig tiefschwarz und ist mit allen Bindemitteln verwendbar. Es besitzt eine ausgesprochen gute Deckfähigkeit und ist gut lasierbar. Elfenbeinschwarz ist selten zu finden und muss daher vielleicht in kleineren Mengen im Emailofen selbst hergestellt werden.
Beinschwarz, Knochenschwarz, Tiefschwarz
Ähnlich dem Elfenbeinschwarz entsteht auch dieses organische Pigment tierischer Herkunft durch Verkohlen von Tierknochen, steht diesem jedoch im Färbvermögen deutlich nach.
Rebenschwarz, Rebschwarz
Nach demselben Verfahren wie Elfenbein- und Beinschwarz wird dieses natürliche organische Pigment pflanzlicher Herkunft durch Verkohlen von verdorrten Rebstöcken und Trester gewonnen. Es verfügt über ein mässiges Färbvermögen, deckt gut und ist besser lasierfähig als Elfenbeinschwarz.
Abschliessend seien noch die von verschiedenen Baum- und Pflanzenarten gewonnenen Pigmente bräunlicher Färbung erwähnt, wie Pfirsichkernschwarz, Mandelkernschwarz, Eichenrindenschwarz, Kohl-, Reben-, Kork- und Weidenschwarz. Ebenfalls durch einen Verbrennungsprozess hergestellt, weisen diese Farbpigmente alle eine mehr oder weniger ins warme Braun neigende Tönung auf.
Die Herstellung von Lampenschwarz und Russschwarz wird im Kapitel über die chinesische Tusche näher beschrieben (S. 68-70).
BINDEMITTEL, EMULGATOR
Rezepturen sind bei der Verwendung von Bindemitteln höchstens in der Einstiegsphase als Anhaltspunkt nötig. Weitaus wichtiger für die Handhabung der Bindemittel ist die Kenntnis der jeweiligen Stoffe und der Grundgesetze ihres Verhaltens.
Grundsätzlich brauchen wir für die Buchmalerei zweiteilige Bindemittel, also solche, die aus einem Leimkörper (Emulgator) und aus Wasser bestehen und zusammen eine Leimlösung (Emulsion) ergeben, durch die die Farbteilchen möglichst gleichmässig verteilt werden können. Nach dem Auftragen verdunstet das Wasser aus der Leimfarbe und zurück bleibt der die feinen Farbpartikelchen umschliessende und verklebende Bindestoff, der den eigentlichen Farbauftrag bildet.
DIE WICHTIGSTEN BINDEMITTEL
Das Hühnerei
Dieses stellt in seiner ursprünglichen Form den Prototyp einer natürlichen Emulsion dar. Es besteht aus 12 % Eiweiss, 12% fettem Öl und aus 74 % Wasser und Lecithin. Es findet als Ganzes oder nur als Dotter oder Eikläre Verwendung.
Das rohe Ei wird aufgeschlagen, wobei das Eiweiss sorgfältig, ohne das Eigelb zu verletzen, in ein Glas abgeschüttet wird. Der Eidotter wird nun so lange behutsam von der linken in die rechte Handfläche bewegt, bis der Dottersack griffig ist. Nun wird der Dotter mit einem Messer geschlitzt und der Inhalt ohne Dottersack in ein anderes Glas geleert. Für kleinere Arbeiten kann der Dottersack auch als Ganzes in einen Eierbecher gegeben werden und, nach Bedarf aufgestochen, das Eigelb mit dem Pinsel aufgenommen werden.
Die Eikläre
Das natürliche Eiweiss findet als Bindemittel hauptsächlich in der Buchmalerei und bei der Vergoldung Verwendung.
Das Eiweiss wird am besten von Hand mit einem Schwingbesen schaumig geschlagen und danach absetzen gelassen. Für eine gute Eikläre wiederholt man den Vorgang 1-5mal. Um das Eiweiss zu Pulver zu verarbeiten leert man es auf eine saubere Glasplatte und schabt es nach dem Trocknen mit einer Rasierklinge ab. Das so gewonnene Pulver kann jederzeit mit Wasser wieder angerührt und verwendet werden.
Es kann jedoch auch frische Eikläre direkt mit den feingeriebenen Pigmenten im Mörser verarbeitet werden. Zum leichteren Binden kann etwas Ochsengalle zugegeben werden, zum Verdünnen Wasser. Da das Eigelb im trockenen Zustand, vor allem wenn es dem Licht ausgesetzt ist, gerne spröde und brüchig wird und zusammen mit der Farbe dann leicht zum Abblättern neigt, empfiehlt es sich, zur Erhöhung der Elastizität Gummi arabicum, Zucker, Honig oder Ohrenschmalz beizugeben. Um die leicht zersetzlichen Eiweissbestandteile vor Fäulnis zu schützen, kann man Kampfer, Nelkenöl oder Essig zugeben.
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Abb.66(oder kleines Bild anklicken)
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Das Eigelb
Das Eigelb wird als Bindemittel zum Bemalen grobfleckiger Pergamente empfohlen. Es leistet auch ausgesprochen gute Dienste beim Ausgleichen von aufgerauhten Pergamentpartien, wie sie beim Schaben oder beim Radieren auf dem Pergament entstehen können, zur Verleihung von Glanz auf bemalten Partien (etwa in Initialen), zur abschliessenden Vertiefung des Hintergrunds bei Wappendarstellungen. Alle diese Möglichkeiten waren schon den alten Miniaturmalern bekannt und wurden eifrig genützt. Der Eigelbauftrag soll zügig und nicht zu dick erfolgen, um die darunterliegenden Farben nicht zu verwischen. Beim Ausgleichen von Flecken auf dem unbemalten Pergament soll das Eigelb gleich nach dem Auftragen weggewischt werden, so dass keine gelben Flecken entstehen und der Tonausgleich nur durch das vom Pergament aufgenommene Eigelb geschieht.
Gummi arabicum, Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichgummi, die insbesondere bei der Herstellung von Tinten als Bindemittel verwendet werden, sind im Kapitel «Tinten» (S. 73) ausführlicher besprochen.
Albuminleim
Albumin ist ein tierisches Eiweiss, das sowohl im Blutserum als auch im Ei vorkommt. Eialbumin, das in Form kleiner, etwas gelblicher, splitterartiger Stückchen im Handel erhältlich ist, lässt sich farblos im Wasser lösen. Seine Wasserlöslichkeit verliert es erst nach längerer intensiver Belichtung und ab 63 °C verwandelt es sich in eine teigige Substanz, die als Bindemittel unbrauchbar, für den Buchbinder zum Vergolden von Bucheinbänden jedoch von Nutzen ist, indem er auf die mit Albumin vorgezeichneten Linienornamente die Vergoldung legt und sie mit dem erhitzten Eisen unlöslich macht.
DIE BINDERPROBE
Zur Überprüfung der richtigen Dosierung des Bindemittels empfiehlt sich ein Probeaufstrich der Farbe, der mit dem Haarfön getrocknet wird: zu schwach gebundene Farbe lässt sich mit dem Finger abreiben, das heisst sie kreidet ab. Zu stark gebundene Farbe glitzert und reisst oder platzt ab.
HILFSMITTEL FÜR DIE BINDEMITTEL
Eine ganze Reihe von Substanzen, welche selber keine echte Bindekraft besitzen, werden als Zusätze zu verschiedenen Zwecken den Bindestoffen beigefügt.
Netzmittel
Diese werden dazu benötigt, die Pigmente oder den Malgrund zu benetzen, damit die wässrigen Substanzen wie Farben, Tinten und Tuschen nicht abperlen, sondern vom Malgrund gut angenommen werden und eine feinere Verteilung der Farbsubstanz ermöglichen.
Ochsengalle
Dieses altbewährte Netzmittel tierischer Herkunft findet man in seiner reinen Form in den Schlachthäusern; es sollte zur Aufbewahrung gut konserviert werden. Gereinigte und konservierte Ochsengalle ist auch in Künstlerbedarfsgeschäften erhältlich und wird in Drogerien, eingedickt als Paste zur Reinigung von Flecken aller Art auf Textilien, zu einem äusserst günstigen Preis verkauft.
Konservierungsmittel
Nach Möglichkeit sollten die zu verwendenden Farben immer frisch zubereitet werden, doch ist die Verwendung von Konservierungsmitteln oft unumgänglich, um einer allfälligen Fäulnis vorzubeugen.
Kampfer, Mottenkugeln
Eine für kurze Zeit wirksame Konservierung mit Kampferkugeln ist von Vorteil, da sich die Kugeln in der Emulsion nicht auflösen und immer wieder aufs neue verwendet werden können.
Nelkenöl
Organische Stoffe lassen sich gut durch Zugabe von einigen Tropfen Nelkenöl konservieren. Entscheidend für die Frischhaltung und damit die Qualität aller Emulsionen ist die Sauberkeit der Gefässe, die mit nicht allzu heissem Sodawasser gereinigt und anschliessend mit klarem Wasser nachgespült werden sollten.
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Abb.67(oder kleines Bild anklicken)
Ägyptischer Goldschläger, um 2500 v. Chr.
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VERGOLDERTECHNIKEN
AUF PAPIER UND PERGAMENT
Bei fast allen Kulturvölkern dieser Welt spielte und spielt das Gold zum Verzieren von Gegenständen eine grosse Rolle.
Schon vor 7000 Jahren wurden durch Feinschlagen dünne Goldplättchen hergestellt. Dank der hohen Elastizität wurden schon im Mittelalter aus einem Golddukaten 100 bis 144 hauchdünne Goldfolien (heute 1200 Blatt mit einer unvorstellbaren Schichtstärke von '/8000 mm) zwischen Goldschläger häutchen aus Ochsenblinddarm ausgeschlagen. Das sogenannte Dukatengold mit seiner beliebten Legierung besteht noch heute aus 92,5 % Feingold und aus 7,5 % Silber und Kupfer. Je grösser der Silberanteil, desto bleicher wird das Gold, je höher der Kupferanteil, desto wärmer die Tönung. Das für unsere Vergolderarbeiten vorzuziehende Gold ist das «or citron», welches auf Urkunden und in Illuminationen nicht zu aufdringlich wirkt.
Reinheit
Bei allen Vergolderarbeiten ist dringend von der Verwendung von Blattsilber, Bronzepulver oder Buntmetallfolien abzuraten. Sie schwärzen oder oxydieren alle nach gewisser Zeit. Echtes Blattgold, in der Grösse von 93 x 93 mm erhältlich, wird in folgenden Stärken und Reinheitsgraden angeboten:
Stärken
Einfachgold
Doppelgold
Dreifachgold Einfachgold hat eine Dicke von './10000mm.
Scheidegold 24 Karat, reines Gold
Rosenobelgold 23,5 Karat
Dukatengold 23 Karat
Orangegold 22 Karat
Zitronengold 18 Karat
Grüngold 16 Karat
Weissgold 12 Karat
MIXTIONSVERGOLDUNG
Mixtion, ein sehr lange gelagertes Leinöl, verdünnt mit Terpentinöl (als zusätzliches Lösungsmittel kann Terpentinersatz verwendet werden), ist im Handel in Zusammensetzungen mit 3, 6 und 12 Stunden Trockenzeit erhältlich. Zur Mixtionvergoldung sollte die zu vergoldende Oberfläche möglichst glatt sein. Dies kann man durch Polieren der betreffenden Stelle mit einem polierten Achat erreichen oder durch Auftragen einer Schellack-Politur. Anschliessend trägt man die Mixtion mit einem Pinsel sparsam auf und wartet die vorgegebene Trockenzeit ab. Ist dann die Oberfläche noch klebrig, aber nicht mehr nass, wird das Gold mit dem Anschiesspinsel oder dem Transferpapier deckend auf gelegt und mit feiner Baumwollwatte sorgfältig angedrückt. Fehlerhafte Stellen müssen sofort ausgebessert werden, da die Klebkraft nicht lange anhält. Nach ca. 30 Minuten lässt sich die Oberfläche leicht polieren.
POLIMENTVERGOLDUNG
Poliment besteht aus feingeschlämmtem Ton unter Zugabe von Fett und Seife und ist in den Farben Weiss, Gelb, Rot, Schwarz und Blau erhältlich. Zur Vergoldung mit Poliment als Unterlage wird zunächst eine Platte Hausenblasenleim ca. 5-6 Stunden in 1 dl Wasser eingeweicht. Anschliessend wird das Leimwasser in einem nicht kochenden, heissen Wasserbad erwärmt und gerade so viel Poliment beigegeben, dass eine dickflüssige Lösung entsteht. Während des ganzen Verarbeitungsprozesses sollte die Lösung immer warm bleiben und allenfalls bei Verdickung mit Wasser verdünnt werden.
Der Polimentleim wird so oft auf die zu vergoldende Stelle aufgetragen, bis sich die gewünschte Erhabenheit bildet, wobei jeder einzelne Auftrag zu trocknen hat, bevor der nächste gebildet wird. Um eine möglichst glatte Oberfläche zu erreichen, wird die letzte Schicht etwas dünner aufgetragen und gut ausgetrocknet. Nun reibt man die Polimentoberfläche mit allerfeinster Stahlwolle glatt, so dass sie gleichmässig glänzt. Zu guter Letzt wird die Oberfläche mit Aceton gereinigt, um absolut staubfrei zu sein.
Nun wird das Gold auf die gewünschte Grösse zugeschnitten. Die Oberfläche des Polimentes wird mit einer Mischung von einem Teil Poliersprit und zwei Teilen Wasser benetzt und das Gold sofort angelegt. Erst nach längerer Erfahrung und vielen Versuchen lässt sich der Trocknungszeitpunkt, zu dem das aufgelegte Gold mit einem Polierachat poliert werden kann, richtig abschätzen. Der Ungeübte kann sich parallel zum Werkstück eines gleichzeitig verarbeiteten Musters bedienen, das ihm den rechten Zeitpunkt zur Weiterarbeit anzeigt. Ist das Poliment beim Polieren zu trocken, dann kratzt der Polierstein, ist es zu nass, wird das Gold weggeschabt. Fehlerhafte Stellen können abermals benetzt und, die Stelle überlappend, mit Gold belegt werden.
MUSCHELGOLD
Das fein gepuderte Blattgold wurde, mit Gummi arabicum angemengt, früher in leeren Muschelhälften angeboten, woher auch seine Bezeichnung stammt. Heute ist Muschelgold in kleinen Plastiknäpfchen im Handel erhältlich. Die kleineren Portionen von ca. 7 mm Durchmesser, die grösseren in kleinen Barren werden in Grün, Gelb, Zitronenfarben und Rotgold angeboten.
Muschelgold wird mit Wasser angerührt und, um Goldverlust zu vermeiden, mit einem nur zu diesem Zweck zu verwendenden normalen Rotmarderpinsel auf die zu vergoldende Stelle deckend aufgetragen. Es ist zu beachten, dass Gold schwerer ist als Wasser und es deshalb einiges an Übung erfordert, bis man die geeignete Konsistenz erhält.
Muschelgold kann auf Papier und Pergament verwendet werden. Da sich grössere Flächen nicht gleichmässig anlegen lassen, findet es hauptsächlich beim Umranden und Punktieren Verwendung.
Nach einer Trockenzeit von ca. 2 Stunden kann die Vergoldung mit dem Achat auf Hochglanz poliert werden. Ist das Muschelgold zu nass, lässt es sich nicht polieren. Auch Umrandungen mit Farbe oder Tinte können die Politur beeinträchtigen. Nach der Politur können allfällige Bleistiftlinien nicht mehr wegradiert werden, ohne den Goldauftrag zu zerstören.
Auf Büttenpapier verwendet, ist es von Vorteil, das Polieren auf harter Unterlage durchzuführen, da erst durch den Widerstand des Untergrundes die polierte Fläche spiegelglatt wird. Um die Vergoldung erhaben, reliefartig hervortreten zu lassen, kann man die vergoldete und polierte Stelle frei, ohne Unterlage von der Rückseite her mit polierenden Bewegungen sorgfältig «bombieren».
Als Verzierung hat Muschelgold der Goldbronze gegenüber den Vorteil, dass es nicht oxydiert und somit über Hunderte von Jahren seinen ursprünglichen Glanz beibehält.
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Abb.68(oder kleines Bild anklicken)
Vergolderutensilien zur Poliment- und Ölvergoldung.
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