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SCHREIBWERKZEUGE

DIE ROHRFEDER

Die erste Feder, die als Schreibinstrument Verwendung fand, war der Papyrusstengel. Im alten Ägypten benutzte man zum Schreiben dünne Papyrusstengel, die durch Klopfen an einem Ende pinselartig ausgefasert wurden.

Die Griechen und Römer des klassischen Altertums gebrauchten hingegen die aus Schilf oder Bambus hergestellte Rohrfeder. In Asien, Kleinasien und Nordafrika wird diese bis zum heutigen Tag in den Schulen beim Erlernen des Schreibens mit Tusche benutzt.

Eine Rohrfeder von ca. 30 cm wird, wie die nebenstehende Abbildung zeigt, abgeschrägt. Der weiche Innenteil wird mit dem flach dagegen gehaltenen Messer ausgeschabt, so dass nur noch die harte Schale bleibt.

Die Federspitze wird mit dem Rücken nach oben auf eine dicke Glasplatte gelegt, die Schreibmesserklinge gerade darauf plaziert und das Ende rechtwinklig zur Rohrfeder abgeschnitten. Es ist wichtig, dass dieser Schnitt mit einem sehr scharfen und stabilen Messer ausgeführt wird, da er für die Ausführung dünner waagrechter Linien von grosser Bedeutung ist.

Mit dem Federrücken nach unten auf der Glasplatte aufliegend, wird unter Druck mit dem Messer ein kurzer, kaum sichtbarer Spalt in die Spitze geritzt. Will man den Spalt nun noch verlängern, kann dies mit sanftem Druck mittels eines Pinselstiels oder ähnlichem geschehen.

Abb.39 (oder kleines Bild anklicken)
Oben: Zuschneiden einer Rohrfeder.
Unten: Aus dünnem Blech geformter sogenannter «Tintenschuh», der eine grössere Menge Tinte auf der Feder hält.

Die Spitze kann, den Federrücken nach unten gehalten, durch einen Schrägschnitt meisselförmig verfeinert werden. Es ist darauf zu achten, dass der Einschnitt in das entfernte Mark sauber und präzis ist.

Fertige Bambusrohre finden wir am billig­ sten in Blumengeschäften, wobei das Zuschneiden des Bambus nicht ungefährlich ist.

Um Bambusrohr selbst zuzubereiten, muss Schilf, wie es am seichten Ufer der meisten Binnengewässer Mitteleuropas zu finden ist, in gut grünem Zustand geschnitten und anschliessend getrocknet werden. Schon braune Schilfrohre können teilweise auch verwendet werden, sollten jedoch durch leichten Druck zwischen Zeigefinger und Daumen zwischen den Rohrknoten daraufhin geprüft werden, ob sie sich, ohne aufzuspringen, zum Zuschneiden eignen.

Abb.40 (oder kleines Bild anklicken)
Historische Anleitung zur Zubereitung eines Gänsekiels

DER GÄNSEKIEL

Schon früh dienten Gänsekiele den verschiedensten Zwecken des praktischen Lebens. So berichtet der römische Dichter Martial um 90 n. Chr., dass sie als Zahnstocher Verwendung fanden.
Die erste Erwähnung des Gänsekiels als Schreibgerät findet sich um 624 n. Chr. bei Isidor von Sevilla als «penna arvis cuius acumen in duo dividitur», d. h. «eine Vogelfeder, deren Spitze in zwei Teile geteilt wird». Um 700 n. Chr. erwähnt Adelhalmus, der Angelsachse, die Pelikanfeder als Schreibgerät.
Welche Kiele können wir verwenden, um selbst eine Schreibfeder herzustellen? Federn von Käfig-, Stall- und Masttieren sind aufgrund ihres unterentwickelten Federkleides und demdurch diese Art von Tierhaltung bedingten Kalkmangel aufgrund des eingeschränkten Bewegungsraumes nicht brauchbar.
Wer sich eine gute Feder zubereiten will, sollte von den besten Gänsekielen nehmen. Die äussersten vier Federn eines jeden Flügels, die der Gans im Frühling von selbst ausfallen, eignen sich dazu am besten, da sie von Natur aus die härtesten sind. Die Federn von Gänsen, die die Möglichkeit hatten, ihre Flügel zum Flattern zu gebrauchen oder gar zu fliegen, sind besonders gut entwickelt und nicht spröde und lassen sich daher gut verarbeiten.

Einen guten Gänsekiel erkennt man daran, dass die Spitze etwa zwei Daumen breit wie ein Fingernagel etwas milchiger durchschimmernd ist und erst danach in den deutlich weisseren Teil übergeht. Stehen keine Kiele solcher Qualität zur Verfügung, so lassen sich andere entsprechend zubereiten. Dies geschieht erstens durch jahrelange Lagerung in nicht allzu trockener Umgebung (Vorsicht vor Motten und Milben) und zweitens durch eine besondere Zubereitung der Kielfedern. Dazu benötigen wir ein Glas Wasser, genügend feinen Flusssand, um ein kleines Pfännchen damit zu füllen, und ein sehr scharfes Messer.
Abb.41 (oder kleines Bild anklicken)
a: roher Kiel, b: schräg geschnitten, c: auf der GEgenseite schräg aufgeschnitten, e: Spitze nach Belieben zugeschnitten, f: mit Mittelspalt versehen und nachgeschnitten.
Zuerst werden die Kielspitzen durch einen leicht schrägen Schnitt gekappt, das Mark mittels eines dünnen Holzstäbchens zurückgestossen und die Kiele so lange im Wasser aufgeweicht, bis sie gleichmässig weiss erscheinen. Danach wird der Sand in einem Pfännchen so erhitzt, dass die nassen Kiele, wenn sie in den heissen Sand gesteckt werden, zischen, aber keine Risse bekommen. Sie werden so lange im heissen Sand gelassen, bis sie an ihren Spitzen durchschimmernd sind wie die Fingernägel. Anschliessend schabt man mit einem scharfen Messer die feine Haut rundum von der Spitze und wischt die Fasern mit einem wollenen Lappen vom Kiel. Aus unzähligen Arten, Kiele zuzuschneiden, wähle ich hier eine einfache und zuverlässige aus, die auch von Kindern an Taubenfedern ausprobiert werden kann.

Abb.41 (oder kleines Bild anklicken)
Der Keilschnitt solte immer vom Bauch der Feder ger ausgeführt werden.
  • Durch einen an der rechten und der linken Flanke der Federspitze angebrachten Schnitt erhält die Kielspitze die Form eines geöffneten Vogelschnabels, von dem der untere Teil durch einen etwas weiter hinten ansetzenden Schnitt entfernt wird.
  • Der jetzt federförmige Kiel wird mit dem Rücken nach unten auf eine harte Unter­ lage gelegt und die Spitze mit einem harten, scharfen Messer schräg gegen innen meisselförmig zugeschnitten. Wird dieser Schnitt in der beschriebenen Weise ausgeführt, entsteht eine scharfe Schreibkante, die uns beim Schreiben allerfeinste Linien zu fertigen erlaubt.
  • Auf der gleichen Unterlage wird nun der Spalt in der Mitte der Federspitze ange­ bracht, wobei grundsätzlich zu beachten ist, dass ein langer Spalt zwar die Elastizität der Feder erhöht, damit zugleich aber auch die Deformation der Federspitze durch Luftfeuchtigkeit fördert. Ein kurzer Schnitt von ca. 5 mm gilt bei einer guten, nicht zu spröden Feder als Normalschnitt.
  • Anschliessend werden die Backen in gewünschter Weise nachgeschnitten und der Federspitze noch der letzte Schliff verliehen.
    Ein erfolgreiches Schreiben mit dem Gänsekiel bedarf einer Schreibunterlage von etwa 40-60 % Neigung, damit die Tinte nicht zu rasch aus der Feder tropft.
Abb.41 (oder kleines Bild anklicken)
Zum Spalten der Spitze ist eine harte Unterlage zu verwenden.

Abschliessend sei noch ein kurzer Über­ blick über die verschiedenen Arten von Federkielen gegeben:

Auerhahn- und Straussenfedern sehen wohl dekorativ aus, führen aber beim Schreiben aufgrund ihres grossen Druchmessers zu einer verkrampften Fingerhaltung.

Schwanenkiele lassen sich gut zum Schreiben der Frakturschrift verwenden, während sich Rabenkiele besonders für feine Linien und Schriftzüge eignen und sehr bequem in der Handhabung sind.

Truthahnfedern sind grösser als der Gänsekiel und eignen sich vorzüglich für alle Schriften.

Hühnerfedern taugen im allgemeinen nicht viel.

DIE STAHLFEDER

Schon sehr früh wurden Versuche unternommen, aus verschiedenen Edelmetallen wie Gold oder Kupfer Schreibfedern herzustellen. Die erste Erwähnung der Erfindung einer Stahlfeder findet sich 1748 in den Aufzeichnungen des Aachener Bürgermeisters Johannes Janssen, doch bis zur industriellen Herstellung der uns heute bekannten Stahlfedern dauerte es noch einige Zeit: sie setzte 1822 durch Joseph Gillot in Birmingham ein und verdrängte den seit Jahrhunderten gebräuchlichen Gänsekiel. Die Stahlfeder selbst musste schliesslich der Füllfeder und dem durch die ungarischen Brüder Biro erfundenen Kugelschreiber weichen, der nach 1945 seinen Siegeszug in der westlichen Welt antrat.

Da sich bei den früher gebräuchlichen Kielfedern der Federschnabel durch die Reibung auf dem Papier und die durch die Tinte bewirkte Erweichung unweigerlich abnützte,wurde zunächst immer wieder versucht, die Dauerhaftigkeit der Feder durch metallene Spitzen zu steigern: Was aber in dieser Hinsicht gewonnen wurde, verlor man an Elastizität, weshalb keiner dieser Versuche von bleibendem Wert war. Die Verbindung von Dauerhaftigkeit und Elastizität wurde immer wieder angestrebt. So wurde auch Horn und Schildpatt zu Federschnäbeln geschnitten, in siedendem Wasser weich gemacht, mit Gold eingefasst und an den Schnabelspitzen mit Rubinen und Diamanten versehen. Mit solchen Federn liess sich eine schöne und saubere Handschrift schreiben, jedoch waren sie in der Herstellung sehr teuer.

Um 1803 tauchten «Wise's Stahlfedern» auf dem Papierwarenmarkt auf, einzelne Stahlfedern in einem knöchernen Halter, die sich bequem in der Tasche mitführen liessen.

Diese Stahlfeder wurde wohl zu einem niedrigen Preis angeboten, doch eignete sie sich nur zum gelegentlichen Gebrauch.

Durch den Engländer Joseph Gillot wurde 1822 die Stahlfeder zu einem industriell gefertigten Handelsartikel. Durch seine unermüdliche Entwicklung und Verbesserung der ersten Produktionswerkzeuge und Maschinen konnte er die Qualität der Federn und damit auch die Nachfrage stetig erhöhen, bis er im Jahre 1828 eine durch Dampfkraft betriebene Maschine erfand, die die Herstellung von Stahlfedern in grösserer Stückzahl ermöglichte.

1850 erweiterte er seine Fabrik an der Graham Street in Birmingham. Sein für damalige Verhältnisse unbeschreibliches Sortiment an Federn reichte von der Magnumbonum­Sorte, die für die Kassenbücher der Bankiers verwendet wurde, bis zu den feinsten Federn, die schon durch die zartesten Kinderfinger hätten gebogen werden können.

Abb.41 (oder kleines Bild anklicken)

Der Arbeitsablauf in Gillots Stahlfedernmanufaktur teilte sich in die folgenden Schritte:

DIE STAHLFEDERHERSTELLUNG

Das Walzen des Stahls

Als Rohmaterial dienten in Sheffield hergestellte Stahlplatten, die damals zu den besten auf dem Markt zählten. Diese, ähnlich den zur Verkleidung von Schiffen benutzten, grossen Platten wurden zunächst entsprechend der Länge der herzustellenden Federn in Streifen geschnitten. Diese wurden im Schmelzofen bis fast zum Schmelzpunkt erhitzt und an­ schliessend langsam an der Luft ausgekühlt. Damit verloren die Streifen an Härte und Sprödigkeit, die sie durch das vorhergehende Hämmern der Platten erhalten hatten. Nach dem Erkalten wurden sie in Schwefelsäure getaucht, um das Oxidieren zu verhindern, und anschliessend zwischen zwei Eisenzylin­ dern auf ein Drittel ihrer Stärke gewalzt (0,06 bis 0,3 mm).

Abb.42 (oder kleines Bild anklicken)
Abb.43 (oder kleines Bild anklicken)

Das Ausschneiden der «Blankets» (Federplättchen)

Die nach diesem Vorgang entstandenen dün­ nen Stahlbänder wurden anschliessend im Stanzraum weiterverarbeitet. Aus den Bändern wurden auf Spindelpressen die Feder­ umrisse einmal links und einmal rechts mit dem entsprechenden Stanzwerkzeug von Frauenhand ausgestanzt.

Die Geschwindigkeit, womit diese sogenannten «Blankets» ausgeschnitten wurden, ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass das Blech von Hand unter den Punzen (Stanz­ werkzeug) gelegt und mit einem Handgriff die «Schraube» niedergebracht werden muss­te. Dabei war darauf zu achten, dass nicht zu viel Materiel als Zwischenraum verloren ging. Eine Arbeiterin produzierte auf diese Weise 300 Gros ä 144 «Blankets» pro Tag, das sind insgesamt 43 200 Stück.

Das Schlitzen, Durchschlagen, Stempeln und Hohlschlagen

In einer weiteren Presse wurden die Blankets durch zwei niedergehende Messer geschlitzt und durchschlagen. Danach wurden diese

Abb.44(oder kleines Bild anklicken)

Rohrfedern erneut bis zum Schmelzpunkt erhitzt und an der Luft abgekühlt.
In der nächsten Presse erhielten die Blankets Inschrift, Stempel und Verzierung und wurden so in flachem Zustand vollendet. Der Prozess des Hohlschlagens gab der Feder die gewölbte, konvexe From, was mittels eines konvexen Punzens unter einer weiteren Presse geschah.

Das Härten, Schleifen und Färben

Um die Federn zu härten, wurden sie in Ei­ senkästen mit maximal 100 Gros Inhalt in grossen Öfen abermals zum Glühen gebracht.
Nach einer halben Stunde Glühzeit wurden die Kästen vorsichtig mit grossen Eisenzan­ gen aus dem Ofen geholt und die Federn zum Abschrecken in kaltes Öl geleert. Dadurch wurden sie wieder hart und spröde. Das an­schliessende Scheuern der Federn erfolgte mit gereinigtem Wasser und etwas Sumpfkalk, um das Rosten zu verhindern. In mit Sägespänen gefüllten Zylindern wurden sie dann ro­ tierend vom restlichen Öl gereinigt. Im Schleifzimmer wurde nun jede Feder gemu­ stert und mittels einer eigens dafür konstriierten Zange einige Sekunden gegen eine aus Birkenholz gefertigte, mit Ziegenleder überzogene und mit Schmirgel und Leim bedeck te Schmirgelscheibe gehalten. Um der Spitze die richtige Elastizität zu geben, wurden zwei Schliffe angebracht, einer der Länge und einer der Breite nach.

Abb.45(oder kleines Bild anklicken)

Zur Färbung wurden die blanken Federn in Zylindern mit ca. 150 Gros Fassungsvermögen, ähnlich Kaffeerösttrommeln, über ein Feuer gehalten, um sie so einer stufenweisen und regelmässigen Hitzeeinwirkung auszusetzen. Werden die Federn 5 Minuten der Hitzeeinwirkung ausgesetzt, erhalten sie eine bronzene Farbe, bei 10 Minuten eine tief bläuliche-purpurne Farbe. Der Grad der Federhärte wird durch den Ton der Färbung angezeigt.

Abb.46(oder kleines Bild anklicken)

Hatten die Federn den für die gewünschte Härte benötigten Hitzegrad erreicht, wurden sie in einenTrog geleert, wo sie sich schnell abkühlten und den genauen Farbton bewahrten. In einem Gemisch von Schellack, Spiritus und Wein wurden sie alsdann gefirnisst und in einem Sieb der freien Luft ausgesetzt. Im Falle einer weissen Krustenbildung wurden sie einfach wieder erwärmt, wodurch der Schellack zerfloss und eine schön emaillierte Oberfläche erschien. Um eine einheitliche Qualität zu erzielen, wurden die Federn nun in Gruppen von guten, schlechten oder unbrauchbaren sortiert, indem sie mit der Spitze gegen einen am Daumen befestigten Knochen gedrückt wurden.
Jetzt erst konnten die Federn in kleine Schachteln verpackt, etikettiert und in aller Herren Länder versandt werden. Zum Abschluss noch einige Zahlen: Gillot beschäftigte 1853 um die 600 Arbeiter und Arbeiterinnen zu einem Wochenlohn von 5 Schilling (für die Jüngeren) bis 14 Schilling. Er verbrauchte 120 Tonnen Stahl im Jahr und pro­ duzierte jährlich 108 000 000 Stahlfedern.

Die wichtigsten Federformen sind die folgenden:

DIE BREIT- ODER BANDZUGFEDER

Diese Feder mit Winkelspitz wird hauptsäch­ lich zum Schreiben von Unziale, karolingischer Minuskel und Frakturschrift verwendet. Dabei wird die Breitfeder etwa in einem Winkel von 45° nach rechts ansteigend auf das Papier gesetzt: Haarstriche werden nach rechts oben gezogen, Breitstriche nach rechts unten.

DIE SPITZFEDER

Diese Feder wird insbesondere für die englische Schreibschrift und die Kurrentschrift verwendet, doch lassen sich alle Schriften damit herstellen. Durch Druck auf die Feder wird die Schriftdicke bestimmt. Betonungen können jedoch nur beim Abstrich ausgeführt werden, beim Aufstrich entstehen durch das feine Hüpfen der Füsse unter Druck Spritzer.
Abb.47(oder kleines Bild anklicken)
Im Handel erhältliche Federbreiten und ihre Bezeichnung.

DIE KUGELSPITZFEDER

Der Vollständigkeit halber sei auch diese Feder aufgeführt. Sie wird hauptsächlich zur Herstellung von technischen Schriften verwendet. Für mit Tinte und Feder ungeübte Schreiber ist sie jedoch zum Unterschreiben von Urkunden durchaus zu empfehlen.

Abb.48(oder kleines Bild anklicken)
Spitzfeder, Kugelspitzfeder und Breit- und Bandzugfeder.

ZUR FEDERHERSTELLUNG VERWENDETE METALLE

Neben der Verwendung von gehärtetem Stahl wurden im Laufe der Zeit verschiedene Versuche unternommen, auch aus anderen Metallen Federn herzustellen.

Gold
Aus Feingold 1000/000 lässt sich keine funktionstüchtige Feder herstellen, da es zu weich ist und beim Gebrauch seine Form verlieren würde.
Abb.49(oder kleines Bild anklicken)
Ablauf der Herstellung einer Goldfeder von Sheaffer Pen, oben links beginnend.

Ziel jeder Legierung ist deshalb, die besten Eigenschaften der Ausgangsmetalle zu verei­ nigen. Die gebräuchlichsten Legierungen sind:

18K = 750/000 = 75 % Feingold
14K = 585/000 = 58,5 % Feingold
12K = 500/000 = 50 % Feingold
10K = 416/000 = 41,6% Feingold
8K = 333/000 = 33,3 % Feingold

Mit sinkendem Feingoldgehalt fällt die Korrosionsbeständigkeit und steigt die Stabilität der Legierung.

Gelbgold: 18K = 75 %

Feingold,

12,5

%

Feinsilber,

12,5 % Kupfer

Rotgold: 18K = 75 %

Feingold,

12,5

%

Feinsilber

ca. 17 % Kupfer

Weissgold: 18K = 75 %

Feingold,

25

%

Nickel oder Palladium

(wird jedoch zur Federherstellung nicht verwendet

Silber

Wie bei Feingold lässt sich Feinsilber 1000/000 nicht als gebrauchsfertiger Werk­ stoff verwenden.

Silberlegierungen:

925/000 = Sterling-Silber
  = 92,5 % Feinsilber, 7,5 % Kupfer
800/000 = 800er-Silber
  = 80 % Feinsilber

Silberlegierungen lassen sich nur schwer zu Federn verarbeiten, da sie im allgemeinen zu weich sind und sehr schnell oxydieren. Bessere Erfolge erzielt man mit Federn aus mit dem Hammer getriebenem Silber.

Edelstahl

Edelstahl ist ein hochwertiger mit einer Chrom-Nickellegierung veredelter Stahl.
Die weiteren Metallegierungen seien nur noch der Vollständigkeit halber aufgeführt, Federn aus Bronze, Messing und Alpaca scheinen mir ihrer hohen Elastizität wegen nicht sehr sinnvoll.

Bronze = 80 % Kupfer, 20 % Zinn
Messing = 58-70 % Kupfer, Rest Zink
Alpaca = 60 % Kupfer, 18 % Nickel, 22 % Zink

Kupfer

Eine ägyptische Rohrfeder mit kupferner Federspitze aus der Zeit um 4000 v. Chr. zeugt davon, dass sich mit einer kupfernen Feder schreiben lässt. Höchstwahrscheinlich handelte es sich dabei um eine getriebene Feder.

FÜLLFEDERHALTER

Trotz der Perfektionierung der Stahlfeder besass das Schreiben mit Tinte immer noch den jahrtausendealten Nachteil, dass die Feder schon nach wenigen Strichen wieder ins Tintenfass getaucht werden musste.

Schon früh wurde daher das Bedürfnis laut, «eine schon secretfeine Feder zuzurichten, welche Dinten hält». Ein Schreibmeister des 17. Jahrhunderts gibt den Rat, sich zu diesem Zweck aus drei Kielen ein solches Schreibge­ rät zu schneiden. Aus einem Kiel wird eine Feder zugeschnitten. Mit dem zweiten Kiel wird ein Tintenreservoir geformt. Ein dritter, festerer Kiel dient als Halter. Wenn alle Teile richtig zusammenpassen, fliesst beim Schreiben schon bei leichtem Druck durch ein feines Löchlein im Reservoir Tinte zur Feder.
In dem «Journal d'un voyage ä Paris en 1657-1658» von Fougere (Paris 1862) wird ein Gerät mit ähnlichen Vorzügen beschrieben:

Wir sahen einen Menschen, der eine wunderbare Erfindung gemacht hatte, um bequem zu schreiben. Wenn seine Erfindung bekannt sein wird, wird sie ihn in kurzer Zeit reich machen, denn es wird niemand geben, der dies nicht haben möchte. Wir haben ihm natürlich auch einige Stück bestellt. Er verkauft sie zu 10 Franks und zu 12 Franks an solche, von denen er weiss, dass sie eine solche stark begehren. Er macht Federn aus Silber, die er mit Tinte füllt, die nicht trocknet, und ohne Tinte zu nehmen, kann man in einem Stück eine halbe Hand breit Papier beschreiben.

Die Grundidee bei diesem neuen Schreibgerät, dem Füllfederhalter, ist, Tinte aus dem Schaft direkt an die Feder abzugeben. Das beim Schreiben bis anhin störende Unterbrechen und neu Eintauchen der Feder fällt damit weg.

Abb.50(oder kleines Bild anklicken)
Der am 12. Feb. 1884 patentierte "Waterman Regular".
A Schaft mit Tintenreservoir - B Vorderteil - E Kappe zu Schutz der Feder - C Luftzufuhr - P Feder 14 Karat Gold - d Kapillarkanäle - Z Ort des Querschnitts in Fig. 2

Trotz der Weiterentwicklungen und Verbesserungen seit der Erfindung von Water­ man war es für die Hersteller von Füllfederhaltern sicher nicht leicht, sich auf dem Nachkriegsmarkt angesichts der zunehmenden Flut von Kugelschreibern, Filzstiften und Rollerballs zu behaupten. Die elastischen Goldfedern waren nicht mehr gefragt, geschweige denn Kolbenfüller, Patronen, starre Goldfedern mit Iridiumkugelspitzen. Der Füllfederhalter musste dieselben Leistungen wie der Kugelschreiber erbringen, so auch die damals notwendigen Durchschläge mit Kohlepapier ebenso ermöglichen wie sein kleiner Bruder mit der rollenden Kugelspitze. Im Zuge dieser Entwicklung blieben einige Hersteller von Federn auf der Strecke. Übrig blieben die ganz grossen, heute fast vollautomatisierten Unternehmen.

Mit dem Beginn des Kalligraphiebooms in Amerika wurde dann mancher Füllfederhersteller wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Seit Anfang der achtziger Jahre gilt die Füllfeder wieder als «in», und es gehört heute zu einem gepflegten Auftreten, mit einem dieser edlen Stücke die Brusttasche zu zieren.

Doch was steckt hinter dieser Wende? Ist es eine Rückbesinnung auf fast verlorene Werte einer gepflegten Handschrift oder etwa ein gross angelegter Werbefeldzug aus einem plötzlich selbstbewusst gewordenen Wirtschaftszweig?

Erstaunlicherweise begann die Nachfrage nach edleren Schreibgeräten parallel zum Aufkommen der Personal Computer und Textverarbeitungssysteme. Unter dem Ein­ druck der zunehmend um sich greifenden Uniformität aller Schriftdokumente ist es nur natürlich, dass der Schrei nach Persönlichkeit plötzlich laut wurde. Eine Rückbesinnung auf die alten, bleibenden Werte setzte ein.

Damit die Füllfeder aber nicht zum reinen Modeartikel verkommt, sondern einen tat­ sächlichen Gewinn an Schreibkomfort und einen Ausdruck innerer Werte ermöglichen kann, sind bei der Auswahl einige Punkte zu beachten. In erster Linie sollten die technische Leistung und der Preis des Schreibgeräts in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Insbesondere sollte der Füllhalter über eine Feder verfügen, die ihrem Material entsprechend verarbeitet wurde. Sicher sollte er auch von der äusseren Erscheinung unserem Wesen gerecht werden, wobei der Designername aber für die Qualität des Produkts und den Schreibkomfort ohne grosse Bedeutung ist. Es gibt auch unzählige sogenannte Kalligraphiefedern, die zur Ausübung der Kalligraphie völlig ungeeignet sind. Lassen Sie sich deshalb gut beraten und befragen Sie das Fachpersonal über die Vorzüge und Nachteile einer Feder.

Wie sieht es mit dem Füllhalter im heuti­ gen Fachhandel aus? Unter den heute im Fachhandel erhältlichen Füllfedern sind vielleicht zwei Markenhalter zu finden, die nicht aufgrund ihres Namens, sondern aufgrund ihrer altbewährten Herstellung von Schreibgeräten eine Empfehlung verdienen. Es handelt sich hier um Goldfedern, die aufgrund ihrer Verarbeitung und Fassung ein Optimum an Elastizität zulassen, ohne dabei an Fliesskraft einzubüssen oder gar zu brechen. Eine Auswahl an Federstärken lässt nach geduldigen Schreibproben die Feder mit der entsprechenden Strichdicke finden. Die Erfahrung der Ergonomie eines Füllhalters, des richtigen Verhältnisses von Dicke und Gewicht zur Hand des Schreibenden, lässt das Schreiben erst zum wirklichen Erlebnis werden. Bei den heutigen Kalligraphiefedern finden wir alles, was

Abb.51(oder kleines Bild anklicken)

das Herz begehrt oder eben auch nicht begehrt, von harten, unhandlichen, an über­ mässigem Tintenfluss leidenden Haltern bis zu den in grosser Anzahl angebotenen Federspitzen mit leider etwas schlecht fliessendem Tintenhalter.

Ein Kalligraphiefederhalter sollte einen feinen, hauchdünnen waagrechten Strich zu­ lassen und beim dicken Abstrich nicht ausfransen.

Nicht nur bei der Auswahl des richtigen Schreibwerkzeuges kommt die Persönlichkeit zum Zuge, auch in seiner Anwendung sind kreativen Ideen und persönlichen Vorlieben keine Grenzen gesetzt. Dazu seien nur zwei Beispiele genannt: Patronenfüllhalter sind ein reizvolles Experimentierwerkzeug. Ein Text, der mit blauer Tintenpatrone begonnen wurde, wechselt durch einfaches Einlegen einer roten Patrone langsam die Textfarbe von blau über violett ins Rot. Ganze Textbilder oder buntfarbige Briefe bekommen auf diese Weise eine reizvolle Wirkung.

Eine weitere Anwendung mit einer besonderen persönlichen Note ist, Telefaxmittei­ lungen mit dem Füllfederhalter zu verfassen. Eine handgeschriebene und anschliessend gefaxte Mitteilung erfreut gewiss jeden Empfänger ..

PINSEL

Zu einem Pinsel gefasste Haare liegen nie ganz dicht aneinander, sondern lassen feine Hohlräume entstehen, die dann die Kapillarwirkung ermöglichen, das heisst, wird der Pinsel in Flüssigkeit getaucht, steigt diese in den engen Hohlräumen nach oben.
Unter den meist schwer verständlichen Fachausdrücken und Qualitätsbezeichnungen von Pinseln ist es oft sehr schwer, das für unsere Arbeiten geeignete Material zu finden. Die teuersten und wertvollsten Pinselhaare stammen vom Schweif des sibirischen Rotmarders, des sogenannten Kolinski- oder Tobolski-Rotmarders. Die Pinselhaare anderer Marderarten, wie die des goldroten asiatischen Wiesels, sind weniger elastisch und fein und sind zur Hälfte des Preises zu haben. Der Qualitätsbegriff «Kolinski» wird oft recht grosszügig gehandhabt und auch auf minder­ wertigere Marderhaare angewendet. Namhafte Pinselhersteller verfügen in der Regel über Pinselhaare erster Qualität und bürgen mit ihrem Namen auch für die angegebene Qualität. Doch nützt uns der teuerste und beste Pinsel nichts, wenn er nicht dem Zweck entsprechend ausgewählt und gepflegt ist.

Abb.52(oder kleines Bild anklicken)

Beim Kauf des Pinsels sollte dieser zur Prüfung so in klares Wasser getaucht werden, dass er im Wasser aufquillt und der Haarkörper aus seiner ursprünglich spitzen in eine eher bauchige Form übergeht. Mit einer kräftigen und schnellen Drehung der Hand wird das Wasser so aus dem vollgesaugten Pinsel geschleudert, dass der Pinselkörper wiederum die ursprüngliche spitze Form annimmt, ohne dass dabei die Hand zu Hilfe genommen werden muss.
Laufen nun die Haare bei einer näheren Betrachtung überlappend in ein Haar aus, ohne dass auch nur eines davon absteht, handelt es sich um eine gute Qualität, die auch ohne weiteres ihren Preis haben darf. Pinsel können auch, was oft zu wenig beachtet wird, von allerlei Milben und Motten befallen werden, die vor allem über Vogelfedern ins Atelier gelangen können. Deshalb ist es empfehlenswert, die Pinsel bei Nichtgebrauch in einem geschlossenen Behälter mit einigen Mottenkugeln oder etwas Kampfer aufzubewahren.

PFLEGE DER PINSEL

Die Farben werden immer mit Wasser aus dem Pinselkörper gewaschen. Beim Auswaschen soll der Pinselkörper gut durchgerieben werden, so dass sich die Pigmentrückstände, die sich mit Vorliebe am Zwingenrand ansetzen, gelöst werden. Falls die Verwendung von Seife notwendig ist, sollte darauf geachtet werden, dass diese nicht zu stark entfettend auf die Haare wirkt. Kernseife, so lange mit warmem Wasser angewendet, bis sich weisser Schaum bildet, erlaubt ein schonendes Auswaschen.
Anschliessend streift man den Pinsel mit einem seidenen Lappen ab und bringt ihn mit den Fingern, welche man an der eigenen Nase reibt, um so etwas Talg aufzunehmen, in seine ursprüngliche Form zurück. Dieses Dressieren des Pinsels braucht etwas Fingerspitzengefühl, doch macht es sich durch die lange Haltbarkeit des Pinsels bezahlt.
Ein Pinsel sollte nicht zu schnell getrocknet werden, da sonst das Haar an Geschmeidigkeit verliert.
Unsorgfältig gereinigte Pinsel zeigen schon nach kurzer Zeit gespreizte Haare, da Farbrückstände den Pinselkörper verstopfen, was schlussendlich zu einem Abbrechen der Haare am Zwingenrand führt.


ROTMARDERHAARE

Die goldfarbigen, seidenglänzenden Schweifhaare des sibirischen Kolinksi-, Amur- oder Tobolski-Marders, die an ihrer Haarspitze einen feinen, weissen Flaum auf ­ weisen, werden in erster Linie zur Herstellung von allerfeinsten Aquarell- und Retu ­ schierpinseln verwendet. Der Preis richtet sich hier in erster Linie nach der Länge der Haare.

Abb.53(oder kleines Bild anklicken)


Ein Pinsel mit 24 mm Durchmesser und einer Haarlänge im entsprechenden Verhältnis kommt aufgrund seines seltenen Vorkommens in der Natur auf eine vierstellige Summe zu stehen.

ILTISHAARE

Die ebenfalls zu Aquarellpinseln verarbeiteten russischen oder polnischen Iltisschweifhaare sind an den Haarspitzen schwarzbraun, im mittleren Teil meliert und an ihrer Wurzel grau bis weiss.

RINDSHAARE

Das weisse Haar vom Ohrenrand der Alpenrinder wird oft zur Rotmarder-Imitation eingefärbt. Dieses schwarz bis hellbraune Haar mit seiner kräftigen Elastizität und fein ausgebildeter Spitze wird zu Aquarell- und Schreibpinseln und ebenso zu Plakatpinseln verarbeitet.

PONYHAARE

Die braunen Ponyhaare, die nur eine geringe Elastizität besitzen, werden für einfache und billige Schulpinsel verwendet. Dazu werden die Fesselhaare des japanischen Ponys verwendet, die vielfach fälschlicherweise auch als Kamelhaare bezeichnet werden.

FEHHAARE

Die braun bis blau melierten Schweifhaare des kanadischen Eichhörnchens eignen sich dank ihrer guten Elastizität für preisgünstige Aquarellpinsel aller Grössen. Die blaugrauen Fehhaare sind sehr geschmeidig und haben eine fein ausgebildete Spitze. Sie eignen sich daher gut für Aquarellpinsel, in erster Linie aber für Vergolder-Anschiesspinsel.
Die an der Spitze rotbraun getönten, sonst aber grau melierten Kazan Fehhaare mit der feinsten Pinselhaarstruktur eignen sich vornehmlich für die Porzellanmalerei und können auch bei Verwendung gröberer Pigmente gute Verwendung finden.

Abb.54(oder kleines Bild anklicken)


 

 

 

 


 


 

 


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