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VERGOLDERTECHNIKEN AUF PAPIER UND PERGAMENT

goldschlaeger

Bei fast allen Kulturvölkern dieser Welt spielte und spielt das Gold zum Verzieren von Gegenständen eine grosse Rolle.
Schon vor 7000 Jahren wurden durch Feinschlagen dünne Goldplättchen hergestellt. Dank der hohen Elastizität wurden schon im Mittelalter aus einem Golddukaten 100 bis 144 hauchdünne Goldfolien (heute 1200 Blatt mit einer unvorstellbaren Schichtstärke von 1/8000 mm) zwischen Goldschlägerhäutchen aus Ochsenblinddarm ausgeschlagen. Das sogenannte Dukatengold mit seiner beliebten Legierung besteht noch heute aus 92,5 % Feingold und aus 7,5 % Silber und Kupfer. Je grösser der Silberanteil, desto bleicher wird das Gold, je höher der Kupferanteil, desto wärmer die Tönung. Das für unsere Vergolderarbeiten vorzuziehende Gold ist das “Or Citron”, welches auf Urkunden und in Illuminationen nicht zu aufdringlich wirkt.

Abb.57: Ägyptischer Goldschläger, um 2500 v. Chr.

Bei allen Vergolderarbeiten ist dringend von der Verwendung von Blattsilber, Bronzepulver oder Buntmetallfolien abzuraten. Sie schwärzen oder oxydieren alle nach gewisser Zeit. Echtes Blattgold, meist in der Grösse von 93 × 93 mm erhältlich, wird in folgenden Stärken und Reinheitsgraden angeboten:

Stärken

Einfachgold (hat eine Dicke von 1/10 000mm)
Doppelgold
Dreifachgold

Reinheit

Scheidegold 24 Karat, reines Gold
Rosenobelgold 23,5 Karat
Dukatengold 23 Karat
Orangegold 22 Karat
Zitronengold 18 Karat
Grüngold 16 Karat
Weissgold 12 Karat

MIXTIONVERGOLDUNG

vergolderwerkzeuge

Mixtion, ein sehr lange gelagertes Leinöl, verdünnt mit Terpentinöl (als zusätzliches Lösungsmittel kann Terpentinersatz verwendet werden), ist im Handel in Zusammensetzungen mit 3, 6 und 12 Stunden Trockenzeit erhältlich. Zur Mixtionvergoldung sollte die zu vergoldende Oberfläche möglichst glatt sein. Dies kann man durch Polieren der betreffenden Stelle mit einem polierten Achat erreichen oder durch Auftragen einer Schellack-Politur. Anschliessend trägt man das Mixtion mit einem Pinsel sparsam auf und wartet die vorgegebene Trockenzeit ab. Ist dann die Oberfläche noch klebrig, aber nicht mehr nass, wird das Gold mit dem Anschiesspinsel oder dem Transferpapier deckend aufgelegt und mit feiner Baumwollwatte sorgfältig angedrückt. Fehlerhafte Stellen müssen sofort ausgebessert werden, da die Klebkraft nicht lange anhält. Nach ca. 30 Minuten lässt sich die Oberfläche leicht polieren.

Abb.58: Vergolderutensilien zur Poliment- und Ölvergoldung

POLIMENTVERGOLDUNG

Poliment besteht aus feingeschlämmtem Ton unter Zugabe von Fett und Seife und ist in den Farben Weiss, Gelb, Rot, Schwarz und Blau erhältlich. Zur Vergoldung mit Poliment als Unterlage wird zunächst eine Platte Hausenblasenleim ca. 5-6 Stunden in 1 dl Wasser eingeweicht. Anschliessend wird das Leimwasser in einem nicht kochenden, heissen Wasserbad erwärmt und gerade so viel Poliment beigegeben, dass eine dickflüssige Lösung entsteht. Während des ganzen Verarbeitungsprozesses sollte die Lösung immer warm bleiben und allenfalls bei Verdickung mit Wasser verdünnt werden.
Der Polimentleim wird so oft auf die zu vergoldende Stelle aufgetragen, bis sich die gewünschte Erhabenheit bildet, wobei jeder einzelne Auftrag zu trocknen hat, bevor der nächste gebildet wird. Um eine möglichst glatte Oberfläche zu erreichen, wird die letzte Schicht etwas dünner aufgetragen und gut ausgetrocknet. Nun reibt man die Polimentoberfläche mit allerfeinster Stahlwolle glatt, so dass sie gleichmässig glänzt. Zu guter Letzt wird die Oberfläche mit Aceton gereinigt, um absolut staubfrei zu sein.
Nun wird das Gold auf die gewünschte Grösse zugeschnitten. Die Oberfläche des Polimentes wird mit einer Mischung von einem Teil Poliersprit und zwei Teilen Wasser benetzt und das Gold sofort angelegt. Erst nach längerer Erfahrung und vielen Versuchen lässt sich der Trocknungszeitpunkt, zu dem das aufgelegte Gold mit einem Polierachat poliert werden kann, richtig abschätzen. Der Ungeübte kann sich parallel zum Werkstück eines gleichzeitig verarbeiteten Musters bedienen, das ihm den rechten Zeitpunkt zur Weiterarbeit anzeigt. Ist das Poliment beim Polieren zu trocken, dann kratzt der Polierstein, ist es zu nass, wird das Gold weggeschabt. Fehlerhafte Stellen können abermals benetzt und, die Stelle überlappend, mit Gold belegt werden.

MUSCHELGOLD

Das fein gepuderte Blattgold wurde, mit Gummi arabicum angemengt, früher in leeren Muschelhälften angeboten, woher auch seine Bezeichnung stammt. Heute ist Muschelgold in kleinen Plastiknäpfchen im Handel erhältlich. Die kleineren Portionen von ca. 7 mm Durchmesser, die grösseren in kleinen Barren werden in Grün, Gelb, Zitronenfarben und Rotgold angeboten, ausserdem auch Muschelpalladium und Muschelsilber.

Muschelgold im Shop

Muschelgold wird mit Wasser angerührt und, um Goldverlust zu vermeiden, mit einem nur zu diesem Zweck zu verwendenden normalen Rotmarderpinsel auf die zu vergoldende Stelle deckend aufgetragen. Es ist zu beachten, dass Gold schwerer ist als Wasser und es deshalb einiges an Übung erfordert, bis man die geeignete Konsistenz erhält.

Muschelgold kann auf Papier und Pergament verwendet werden. Da sich grössere Flächen nicht gleichmässig anlegen lassen, findet es hauptsächlich beim Umranden und Punktieren Verwendung.
Nach einer Trockenzeit von ca. 2 Stunden kann die Vergoldung mit dem Achat auf Hochglanz poliert werden. Ist das Muschelgold zu nass, lässt es sich nicht polieren. Auch Umrandungen mit Farbe oder Tinte können die Politur beeinträchtigen. Nach der Politur können allfällige Bleistiftlinien nicht mehr wegradiert werden, ohne den Goldauftrag zu zerstören.
Auf Büttenpapier verwendet, ist es von Vorteil, das Polieren auf harter Unterlage durchzuführen, da erst durch den Widerstand des Untergrundes die polierte Fläche spiegelglatt wird. Um die Vergoldung erhaben, reliefartig, hervortreten zu lassen, kann man die vergoldete und polierte Stelle frei, ohne Unterlage von der Rückseite her mit polierenden Bewegungen sorgfältig «bombieren».

Als Verzierung hat Muschelgold der Goldbronze gegenüber den Vorteil, dass es nicht oxydiert und somit über Hunderte von Jahren seinen ursprünglichen Glanz beibehält.

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