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BINDEMITTEL, EMULGATOREN

Rezepturen sind bei der Verwendung von Bindemitteln höchstens in der Einstiegsphase als Anhaltspunkt nötig. Weitaus wichtiger für die Handhabung der Bindemittel ist die Kenntnis der jeweiligen Stoffe und der Grundgesetze ihres Verhaltens.

Grundsätzlich brauchen wir für die Buchmalerei zweiteilige Bindemittel, also solche, die aus einem Leimkörper (Emulgator) und aus Wasser bestehen und zusammen eine Leimlösung (Emulsion) ergeben, durch die die Farbteilchen möglichst gleichmässig verteilt werden können. Nach dem Auftragen verdunstet das Wasser aus der Leimfarbe und zurück bleibt der die feinen Farbpartikelchen umschliessende und verklebende Bindestoff, der den eigentlichen Farbauftrag bildet.

DIE WICHTIGSTEN BINDEMITTEL

Das Hühnerei

Dieses stellt in seiner ursprünglichen Form den Prototyp einer natürlichen Emulsion dar. Es besteht aus 12 % Eiweiss, 12% fettem Öl und aus 74 % Wasser und Lecithin. Es findet als Ganzes oder nur als Dotter oder Eikläre Verwendung.

Die Eikläre

Das natürliche Eiweiss findet als Bindemittel hauptsächlich in der Buchmalerei und bei der Vergoldung Verwendung. Das Eiweiss wird am besten von Hand mit einem Schwingbesen schaumig geschlagen und danach absetzen gelassen. Für eine gute Eikläre wiederholt man den Vorgang 1-5mal. Um das Eiweiss zu Pulver zu verarbeiten leert man es auf eine saubere Glasplatte und schabt es nach dem Trocknen mit einer Rasierklinge ab. Das so gewonnene Pulver kann jederzeit mit Wasser wieder angerührt und verwendet werden. Es kann jedoch auch frische Eikläre direkt mit den feingeriebenen Pigmenten im Mörser verarbeitet werden. Zum leichteren Binden kann etwas Ochsengalle zugegeben werden, zum Verdünnen Wasser. Um die leicht zersetzlichen Eiweissbestandteile vor Fäulnis zu schützen, kann man Kampfer, Nelkenöl oder Essig zugeben.

Das Eigelb

Das rohe Ei wird aufgeschlagen, wobei das Eiweiss sorgfältig, ohne das Eigelb zu verletzen, in ein Glas abgeschüttet wird. Der Eidotter wird nun so lange behutsam von der linken in die rechte Handfläche bewegt, bis der Dottersack griffig ist. Nun wird der Dotter mit einem Messer geschlitzt und der Inhalt ohne Dottersack in ein anderes Glas geleert. Für kleinere Arbeiten kann der Dottersack auch als Ganzes in einen Eierbecher gegeben werden und, nach Bedarf aufgestochen, das Eigelb mit dem Pinsel aufgenommen werden.
Da das Eigelb im trockenen Zustand, vor allem wenn es dem Licht ausgesetzt ist, gerne spröde und brüchig wird und zusammen mit der Farbe dann leicht zum Abblättern neigt, empfiehlt es sich, zur Erhöhung der Elastizität Gummi arabicum, Zucker, Honig oder Ohrenschmalz beizugeben.

Das Eigelb wird als Bindemittel zum Bemalen grobfleckiger Pergamente empfohlen. Es leistet auch ausgesprochen gute Dienste beim Ausgleichen von aufgerauhten Pergamentpartien, wie sie beim Schaben oder beim Radieren auf dem Pergament entstehen können, zur Verleihung von Glanz auf bemalten Partien (etwa in Initialen), zur abschliessenden Vertiefung des Hintergrunds bei Wappendarstellungen. Alle diese Möglichkeiten waren schon den alten Miniaturmalern bekannt und wurden eifrig genützt. Der Eigelbauftrag soll zügig und nicht zu dick erfolgen, um die darunterliegenden Farben nicht zu verwischen. Beim Ausgleichen von Flecken auf dem unbemalten Pergament soll das Eigelb gleich nach dem Auftragen weggewischt werden, so dass keine gelben Flecken entstehen und der Tonausgleich nur durch das vom Pergament aufgenommene Eigelb geschieht.

Gummi arabicum, Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichgummi

werden insbesondere bei der Herstellung von Tinten als Bindemittel verwendet.

Gummi arabicum wird jene wasserlösliche, arabinhaltige Flüssigkeit genannt, die aus den tropischen Alazienarten Nordafrikas gewonnen wird. Es ist in kugeligen, blassgelben bis bräunlichgelben Stücken oder gepulvert in Drogerien und Apotheken erhältlich.
Kirsch-, Pfirsich-, Aprikosen und Pflaumengummi sind ebensogut verwendbar. Der natürliche Gummifluss an europäischen Steinobstbäumen kann, von der Rinde gesammelt, getrocknet und anschliessend pulverisiert, die gleichen Dienste wie Gummi arabicum leisten.
Da siese Gummiarten oft mit Schmutz und Rindenstücken durchsetzt sind, lösen wir über Nacht 1 Teil Gummi in 2 Teilen Wasser.
Der sämige Gummischleim wird erwärmt und leicht durch einen abgebundenen Nylonsrumpf gepresst, anschliessend nach Bedarf wieder eingedickt und getrocknet. Gummilösungen neigen zum Säuern; dies kann verhindert werdn, indem wir 6gr Borax in 125ml heissem Wasser lösen und mit einem Liter Gummilösung mischen.

Albuminleim

Albumin ist ein tierisches Eiweiss, das sowohl im Blutserum als auch im Ei vorkommt. Eialbumin, das in Form kleiner, etwas gelblicher, splitterartiger Stückchen im Handel erhältlich ist, lässt sich farblos im Wasser lösen. Seine Wasserlöslichkeit verliert es erst nach längerer intensiver Belichtung und ab 63 °C verwandelt es sich in eine teigige Substanz, die als Bindemittel unbrauchbar, für den Buchbinder zum Vergolden von Bucheinbänden jedoch von Nutzen ist, indem er auf die mit Albumin vorgezeichneten Linienornamente die Vergoldung legt und sie mit dem erhitzten Eisen unlöslich macht.

DIE BINDERPROBE

Zur Überprüfung der richtigen Dosierung des Bindemittels empfiehlt sich ein Probeaufstrich der Farbe, der mit dem Haarfön getrocknet wird: zu schwach gebundene Farbe lässt sich mit dem Finger abreiben, das heisst sie kreidet ab. Zu stark gebundene Farbe glitzert und reisst oder platzt ab.

HILFSMITTEL FÜR DIE BINDEMITTEL

Eine ganze Reihe von Substanzen, welche selber keine echte Bindekraft besitzen, werden als Zusätze zu verschiedenen Zwecken den Bindestoffen beigefügt.

Netzmittel

Diese werden dazu benötigt, die Pigmente oder den Malgrund zu benetzen, damit die wässrigen Substanzen wie Farben, Tinten und Tuschen nicht abperlen, sondern vom Malgrund gut angenommen werden und eine feinere Verteilung der Farbsubstanz ermöglichen.

Ochsengalle

Dieses altbewährte Netzmittel tierischer Herkunft findet man in seiner reinen Form in den Schlachthäusern; es sollte zur Aufbewahrung gut konserviert werden. Gereinigte und konservierte Ochsengalle ist auch in Künstlerbedarfsgeschäften erhältlich und wird in Drogerien, eingedickt als Paste zur Reinigung von Flecken aller Art auf Textilien, zu einem äusserst günstigen Preis verkauft.

Konservierungsmittel

Nach Möglichkeit sollten die zu verwendenden Farben immer frisch zubereitet werden, doch ist die Verwendung von Konservierungsmitteln oft unumgänglich, um einer allfälligen Fäulnis vorzubeugen.

Kampfer, Mottenkugeln

Eine für kurze Zeit wirksame Konservierung mit Kampferkugeln ist von Vorteil, da sich die Kugeln in der Emulsion nicht auflösen und immer wieder aufs neue verwendet werden können.

Nelkenöl

Organische Stoffe lassen sich gut durch Zugabe von einigen Tropfen Nelkenöl konservieren. Entscheidend für die Frischhaltung und damit die Qualität aller Emulsionen ist die Sauberkeit der Gefässe, die mit nicht allzu heissem Sodawasser gereinigt und anschliessend mit klarem Wasser nachgespült werden sollten.

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