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VORBEREITUNG ZUR BESCHRIFTUNG

DAS LINIEREN DES PAPIERS

Dazu benötigen wir einen hölzernen Massstab, am zweckmässigsten von 40 cm Länge mit gut sichtbarer Millimetereinteilung. Am besten sind die unbehandelten, nichtlackierten, da sie auf der Schreibfläche weniger rutschen und sich mit den Fingern leicht stabilisieren lassen. Zusätzlich braucht man einen Winkel, vorzugsweise – falls erhältlich – einen aus unbehandeltem Eisen, der sich durch sein Eigengewicht beim Linieren am besten am Holzmassstab anschlagen und in die gewünschte Position bringen lässt.

Der Eisenwinkel verhindert auch beim Linieren mit Tinte und Feder die lästige Tropfenbildung an der Reisskante. Zum Reinigen ist ein seidener Lappen oder einer aus Hirschleder unentbehrlich, da diese Materialien keine Faserrückstände hinterlassen.

faltbrief

Der Bleistift sollte zum Linieren so gewählt werden, dass nach dem Radieren keine Druckspuren zurückbleiben. Erfahrungsgemäss ist ein Bleistift der Härte B2 am idealsten für diese Arbeit. Er muss zwar öfters mit einem guten Messer oder Spitzer nachgespitzt werden, was jedoch weniger Mühe bereitet, als die Kerben aus dem Papier zu entfernen. Zunächst wird links und rechts in vertikaler Richtung eine Massstabbreite vom Blattrand entfernt die Seitenbegrenzung gezogen. Da­nach messen wir oben und unten die Mitte aus und verbinden diese beiden Punkte mit einer vertikalen Mittelachse. Schliesslich wird am oberen Rand im selben Abstand vom Blattrand die horizontale Seitenbegrenzung gezogen; am unteren Rand wird die Hälfte der Massstabbreite dazugerechnet.

Abb.24: Muster eines Faltbriefes nach alter Manier, ohne Verwendung eines Briefumschlages:
Schreiben (Fig.1), Seiten einschlagen (Fig.2), falten (Fig.3), adressieren (Fig.4), siegeln (Fig.5)

Nun legen wir den Massstab an den linken Rand des Papiers, mit der Skala nach innen, zur Blattmitte, so dass die Skala und die Bleistiftlinie leicht sichtbar parallel nebeneinander verlaufen. In dieser Weise können wir ohne Befestigung des Papiers oder des Massstabes die Genauigkeit immer kontrollieren. Der Winkel wird an der oberen Bleistiftbegrenzung angelegt, und dann beginnt die er­ste Lektion in Fingerakrobatik: mit der rechten Hand wird immer der Bleistift gehalten, mit der linken der Rest. Mit dem kleinen, dem Ring- und dem Mittelfinger wird der Massstab auf das Papier gedrückt und stabilisiert, mit Zeigefinger und Daumen wird der Winkel so von Position zu Position verscho­ben, dass der Winkel immer schön am Massstab anliegt. Es lassen sich entsprechend der Spannweite der Hand auf diese Weise etwa 10 cm linieren, ohne den Griff der Finger auf dem Massstab zu verändern. Um nicht die Position der einzelnen Zeilen jeweils durch Addieren der Zeilenhöhe neu ausrechnen zu müssen, empfiehlt sich eine selbstgefertigte Schrifthöhenskala, auf der lediglich die Position der einzelnen Zeilen eingetragen ist.

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Linierautomat: In den Architekturbüros benutzte man früher Linier- bzw. Schraffier­automaten, bei denen der rechte Winkel durch Hebeldruck zum nächsten Punkt der Skala springt. Diese Geräte sind für jeden Schreiber ein Luxus und oft nur schwer zu finden.

Abb.25:
Fig.1: Zureissen einer Platzkarte
Fig.2: Platz- oder Tischkarte mit Platzierung eines des Namens.
Fig.3: Menükarte gerollt als Platzkarte.
Fig.4: Menükarte mit Namen
Fig.5: Aufteilung bei einer doppelseitigen Menükarte, mit Massstab-Anschlag
Fig.6: Menükarte mit reichem Rahmen, Text eingemittet

LINIEREN VON PERGAMENT

Im Prinzip verfährt man wie beim Linieren des Papiers, doch ist es beim Pergament, da dieses oft eine sehr glatte Oberfläche aufweist und meistens nicht schön plan liegt, sinnvoller, den Massstab mittels Klebband auf den in der Regel schon vorhandenen Unterlagenkarton des Pergamentes aufzukleben.

RADIEREN DER LINIERUNG

Für die meisten Verwendungszwecke ist aus Gründen der Ästhetik die Linierung abschliessend zu entfernen.

Dazu verwendet man am besten einen Radiergummi, der auch bei einem Bleistift 5B noch wischfest ist, zum Beispiel einen Silikongummi. In einem geschlossenen Behälter oder in der Hosentasche aufbewahrt, bleibt der Radiergummi schön geschmeidig und schmiert weniger, da die Weichmacher so nicht verloren gehen.

Es gibt Papiere und andere Materialien, auf denen eine Linierung zwar möglich wäre, deren spurlose Entfernung jedoch nicht. In einem solchen Fall ist der vorgesehene Text zunächst auf ein Planzeichnungspapier zu bringen, dieses auf der Rückseite mit einem 2B-Bleistift einzuschwärzen und der Text nach sorgfältiger Plazierung mittels eines 3H-Bleistiftes ohne viel Druck auf den defi­nitiven Beschreibstoff zu pausen. Die gepauste Bleistiftschrift wird alsdann mit der Tinte überschrieben.

Barytpapier, wie es häufig als Vorsatzblatt in Büchern zu finden ist, wo öfters auch Widmungen angebracht werden, ist zum Schreiben vorzüglich, eignet sich jedoch keineswegs zum Radieren.

HILFSWERKZEUGE

SILBERSTIFT

Sei der Zeit der Römer sind uns Silberstifte zum Zeichnen bekannt. Im 15. Jahrhundert kamen sie zur Herstellung von feinsten Zeichnungen erst recht in Mode. In den 50er Jahren dieses Jahrhunderts verschwanden sie schliesslich völlig aus den Regalen der Künstlerbedarfsgeschäfte.
In erster Linie wurde der Silberstift zum Zeichnen auf zu diesem Zweck speziell hergerichteten Papieren und Pergamenten benutzt. Zum feinen Vorzeichnen und Linieren auf Pergament eignet er sich auch besser als der Bleistift, vorausgesetzt, es wird nicht als störend empfunden, die damit gezogenen Striche stehen zu lassen. Der Silberstift, heute im Fachhandel kaum mehr erhältlich, wurde früher in den verschiedenartigsten Legierungen geliefert. Als preisgünstigen Ersatz kann man sich heute ein Stück 925er Sterling-Silberdraht beim Goldschmied kaufen und diesen, einer Bleistiftmine gleich, in den Minenhalter legen und zuspitzen. In schönerer Ausführung lässt sich ein Stück Silberdraht auf einen Kupfer- oder Messingstab auflöten.

silberstift

Abb. 26: Silberstift, in Messinghalterung

BLEISTIFT

In der Antike benutzten die Griechen dünne Bleiplättchen zum Linieren, später wurde dazu dünner Bleidraht in Holz gefasst. Die Legierungen dieses Drahtes bestanden meistens aus Blei und Zinn und später aus Blei und Wismut.
Im Jahre 1604 fand zum erstenmal Graphit (reiner Kohlenstoff) Verwendung. Anfänglich wurde dieser nur zum rückseitigen Bestreichen von Papieren zum Durchpausen benutzt, fand jedoch dank seiner aussergewöhnlichen Verwischeigenschaften bald auch bei den Zeichnern Verbreitung. 1795 erfand der Franzose Nicolas Jacques Conte durch Zusatz von feingeschlämmtem Ton zum pulverisierten Graphit und nachträgliches Brennen der Minen den Bleistift, wie wir ihn noch heute kennen. Die Bleistifte sind meistens in den Härtegraden 10H bis 8B erhältlich.
Die Verwendungszwecke der wichtigsten Typen sind die folgenden:
6B zum Einfärben der Rücksseite des Pauspapiers beim Übertragen von Vorzeichnungen oder Fotokopien auf Pergament oder Papier.
Als Ersatz für den 6B-Bleistift erleichtert der im Künstlerbedarf erhältliche Graphitstift das Arbeiten, da er nicht dauernd nachgespitzt werden muss.
2B zum Skizzieren und Linieren. Er lässt sich mit einem Silikongummi wieder leicht vom Papier oder Pergament entfernen, ohne zu schmieren und ohne Druckspuren zu hinterlassen, muss allerdings des öfteren nachgespitzt werden.
4H zum Pausen. Mit dem Messer fein zugespitzt, lassen sich damit allerfeinste Linien ohne grosse Druckanwendung übertragen. Ein Silberstift oder eine fein zugeschliffene Reissnadel, die das Papier nicht aufreisst, kann den 4H-Bleistift ersetzen. Jedoch sind beim Pausen die schon gepausten Striche von den noch nicht gepausten schwer zu unterscheiden.

BIMSSTEIN

Bimsstein findet nur bei grossflächigem Radieren auf Pergament Anwendung. Es empfiehlt sich jedoch, zunächst damit Proben auf Abschnitten zu machen, da Bimsstein die Oberfläche stark aufrauht. Bimssteinpulver kann zusätzlich verwendet werden, entwickelt aber viel Staub.

BROTKRUME

Der weiche Teil eines ganz frisch gebackenen Graubrotes lässt sich in gekneteter Form zur Not gut als «Radiergummi» verwenden. Früher, vor der Erfindung des Radiergummis, war dies das einzige Mittel zum Entfernen von Bleistiftstrichen.

RADIERSTIFT

Tintenradierstifte, die mit abreissbarem Papier umwickelt angeboten werden, eignen sich besonders zum partiellen Radieren von Tinte auf Pergament. Von Glasfaserradierstiften, wie sie zum technischen Zeichnen verwendet werden, ist abzuraten, da sie den Schriftträger zu sehr verletzen und oft zu viele Schichten wegschaben.

RADIERGUMMI

Die weissen, elastischen Silikonradiergummis, die eigentlich nichts mehr mit Gummi in seiner ursprünglichen Bedeutung zu tun haben, sind die besten. Zur Probe versucht man, mit einem 4B-Bleistift gezogene Striche zu radieren, ohne dass sie verschmieren. Diese Silikonradierer schonen besonders die Papieroberfläche und nehmen auch dem Büttenpapier nur geringe Mengen der Oberflächenleimung weg.

Wichtig: Beim Radieren auf Pergament sollte immer die radierte Stelle auf ihre Saugfähigkeit geprüft werden. Saugt das Pergament die Tinte an der radierten Stelle ein, so kann diese mit einem zügig mittels eines Seidenlappens nicht zu dick einmassierten Eigelbs zum erneuten Beschreiben vorbereitet werden.

Bei Handschriften auf Papier sollte grundsätzlich immer als letzte Möglichkeit radiert werden. Fehler werden, wenn überhaupt, neu überschrieben, um dann den sichtbaren Rest wegzuschneiden oder wegzuschaben.

DAS SCHREIBMESSER ODER RADIERMESSER

Unter dem Namen Radiermesser besser bekannt, dient uns dieses scharf geschliffene, handliche Stahlmesser mit breiter, kurzer Klinge einerseits zum Ausschaben von allfälligen Fehlern und andererseits, in der linken Hand gehalten, während des Schreibens zum Herunterdrücken des Beschreibstoffes.

radiermesser_federmesser

Abb.27:
Verschiedene Messer zum Zuschneiden von Gänsekielen und zum Radieren auf Pergament und Papier:

I. Feder- oder Kielmesser mit feiner Klinge
II. Radiermesser
III. Federmesser
IV. Okuliermesser
V. Stanley-Messer
VI. Skalpell

DAS FEDERMESSER
Als letztes der Hilfswerkzeuge sei noch das Federmesser erwähnt, das bei der Zubereitung von Rohrfedern und Gänsekielen (siehe folgende Kapitel) Anwendung findet.

Als Federmesser benutzt man am besten ein handliches, gehärtetes, aber nicht aus Inox oder Chromstahl gefertigtes Messer. Die Klinge sollte ausschliesslich auf der rechten Seite mit einem Arkansasstein und Schleiföl zugeschliffen werden. Zurechtgeschliffene Okuliermesser, wie sie vom Gärtner zum Pfropfen von Gewächsen benutzt werden, tun hier oft die besten Dienste, da sie nicht zu dünn sind und dank ihres vorzüglich schleifbaren Stahls für das Zuschneiden der Gänsekiele immer rasiermesserscharf geschliffen werden können. Auch sogenannte Stanleymesser mit auswechselbarer Klinge sind als Federmesser gut brauchbar. Ein gut geschliffenes Messer ist die Voraussetzung für einen guten Gänsekiel.

Kielmesser im Shop

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